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Erledigt und doch nicht erledigt – Besonderheiten bei Ausgleichsklauseln und Sozialplanansprüchen

Bundesarbeitsgericht vom 25. April 2017 – 1 AZR 714/15

Ein Verzicht auf einen Sozialplananspruch ist nur mit Zustimmung des Betriebsrats wirksam.

Sachverhalt

Im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens wegen einer im Jahre 2012 ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung stritten die Parteien u. a. über die Frage, ob ein Sozialplan aus dem Jahre 2004 anwendbar sei. Das Verfahren endete mit einem gerichtlichen Vergleich, der eine Abfindungsleistung i. H. v. 150.000 EUR beinhaltete. Diese Summe lag unterhalb des bei Anwendbarkeit des Sozialplans geschuldeten Betrags. Der Vergleich enthielt zudem eine umfassende Abgeltungsklausel, nach der sämtliche beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung abgegolten sein sollten. Im vorliegenden Prozess machte die Arbeitnehmerin nun die Differenz zwischen der Höhe der Sozialplanabfindung und der im Vergleich vereinbarten Abfindungssumme geltend. In den ersten beiden Instanzen wurde die Klage abgewiesen.

Die Entscheidung

Das BAG verwies die Angelegenheit an das Landesarbeitsgericht zurück, da noch nicht festgestellt werden konnte, ob alle Voraussetzungen des Sozialplans vorliegen. Die Abgeltungsklausel stehe einer Abfindungsnachforderung aus dem Sozialplan jedenfalls nicht entgegen, da diese Klausel nichtig sei. Sie enthalte einen Verzicht auf eine etwaige Sozialplanabfindung. Nach dem BetrVG ist jedoch ein Verzicht eines Arbeitnehmers auf Ansprüche aus einer Betriebsvereinbarung – als solche wirkt auch ein Sozialplan – nur mit Zustimmung des Betriebsrats möglich, sofern die Regelung nicht objektiv für den Arbeitnehmer günstiger ist. Daher bedurfte der Verzicht der entsprechenden Zustimmung. Eine solche fehlte aber. Darüber hinaus hielt das BAG das Vorgehen der Mitarbeiterin nicht für rechtsmissbräuchlich, obwohl sie zunächst einen Vergleich mit umfassender Abgeltungsklausel abgeschlossen hatte und anschließend die erhöhte Abfindungssumme einklagte.

Konsequenzen für die Praxis

Entscheidend für die Nichtigkeit der Abgeltungsklausel war, dass sie keinen Tatsachenvergleich, sondern einen Rechtsverzicht darstellte. Wären allein die tatsächlichen Anspruchsvoraussetzungen streitig gewesen und hätten sich die Parteien über das Vorliegen dieser Voraussetzungen im Vergleich geeinigt, wäre ein solcher auch ohne Zustimmung des Betriebsrats möglich gewesen. Die vorliegende Abgeltungsklausel sollte jedoch nach Ansicht des BAG die rechtliche Unsicherheit beseitigen, ob ein solcher Anspruch besteht, und stellt damit keinen Tatsachenvergleich dar. Diese Rechtsprechung muss bei sämtlichen Vergleichsverhandlungen berücksichtigt werden, in denen ein Verzicht von Rechten aus einer Betriebsvereinbarung liegen könnte.

Praxistipp

Arbeitgeber müssen beachten, dass der Betriebsrat (entsprechend übrigens bei Verzicht auf tarifliche Rechte die Tarifparteien) vor einer Zustimmung zu einem solchen Verzicht umfassend über die relevanten Umstände, insbesondere zur Höhe des Verzichts, informiert werden muss. Insofern sollten Informationen zu Nachweiszwecken schriftlich sowie bestenfalls gemeinsam mit dem konkreten Vergleichsentwurf vorgelegt werden. Es ist unserer Ansicht nach zudem möglich, einen Vergleich unter einen Genehmigungsvorbehalt des Betriebsrats zu stellen, so dass die ordnungsgemäße Zustimmung eine aufschiebende Bedingung darstellt.

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, wenden Sie sich bitte an Dr. Franziska von Kummer und Dr. Manuel Schütt.

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