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Beteiligung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts an einer Personengesellschaft

BMF-Schreiben vom 21. Juni 2017, IV C 2-S 2706/14/10001

Hintergrund

Mit einem neuen Schreiben nimmt das BMF zu den steuerlichen Folgen der Beteiligung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) an gewerblichen Personengesellschaften Stellung.

Mit Urteil vom 25. März 2015 (I R 52/13) hatte der BFH entschieden, dass die Beteiligung einer jPöR an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft einen Betrieb gewerblicher Art (BgA) begründet. Dies gilt selbst dann, wenn die Tätigkeit der Mitunternehmerschaft, würde sie von der jPöR unmittelbar selbst ausgeübt, bei ihr keinen BgA zur Folge hätte. Mit Schreiben vom 8. Februar 2016 (BStBl. I 2016 S. 237) hatte das BMF angeordnet, dass die Grundsätze des Urteils über den entschiedenen Einzelfall hinaus rückwirkend für alle Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2008 anzuwenden sind. Für die nachfolgenden Veranlagungszeiträume traf die Finanzverwaltung keine Regelung; entsprechende Fälle wurden offen gehalten.

Mit dem neuen BMF-Schreiben regelt die Finanzverwaltung die Grundlagen für den Umgang mit solchen Fällen auch ab dem Veranlagungszeitraum 2009.

Steuerpflicht einer jPöR

Das BMF erläutert, dass jPöR nur mit ihren BgA unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind. Aus der Beteiligung einer jPöR an einer Personengesellschaft resultiert in diesem Zusammenhang nur ein BgA, soweit die Einkünfte der Personengesellschaft nicht vermögensverwaltend oder land- und forstwirtschaftlich sind. Dies gilt unabhängig von der Rechtsform der Personengesellschaft.

Die Beteiligung an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) begründet einen BgA, auch wenn die für die Merkmale der wirtschaftlichen Selbständigkeit einerseits und des wirtschaftlichen Gewichts andererseits geltenden Umsatzgrenzen nach R 4.1 Abs. 4 und 5 KStR nicht erfüllt sind.

Die Beteiligung an einer Personengesellschaft, die ausschließlich auf Grund einer gewerblichen Prägung gewerbliche Einkünfte erzielt, führt bei der beteiligten jPöR zu keinem BgA.

Alle Tätigkeiten der Mitunternehmerschaft werden mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben

Werden alle Tätigkeiten der Mitunternehmerschaft mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben, liegt immer ein BgA vor. Das gilt auch, wenn die Tätigkeit bei unmittelbarer Ausübung durch die jPöR dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen wäre und keinen BgA begründen würde, z. B. die Hausmüllentsorgung. Der BgA umfasst auch das Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmerschaft.

Jede Tätigkeit der Mitunternehmerschaft ist gesondert zu beurteilen. Wenn die Mitunternehmerschaft Organträgerin einer Kapitalgesellschaft ist, wird die Tätigkeit der Organgesellschaft dabei der Organträgerin zugeordnet. Sollten sich aus der Beteiligung mehrere BgA ergeben, sind diese entsprechend § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG zusammenzufassen.

Vermögensverwaltende Tätigkeiten der Mitunternehmerschaft sind danach zu beurteilen, ob sie als selbständige Tätigkeit oder als Hilfsoder Nebengeschäft zu einer übrigen Tätigkeit der Mitunternehmerschaft einzuordnen sind. So begründet beispielsweise das Halten einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Vermögensverwaltung grundsätzlich keinen BgA. Wird die Beteiligung aber als Hilfs- oder Nebengeschäft zu der übrigen Tätigkeit der Mitunternehmerschaft gehalten, liegt ein BgA vor.

Die Beteiligung an einer Personengesellschaft, die ausschließlich auf Grund einer gewerblichen Prägung gewerbliche Einkünfte erzielt, führt bei der beteiligten jPöR zu keinem BgA.

Nur einzelne Tätigkeiten der Mitunternehmerschaft werden mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben

Werden einzelne Tätigkeiten der Mitunternehmerschaft ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben, ist zu differenzieren:

Die mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübten Tätigkeiten sind in der steuerlichen Gewinnermittlung der Mitunternehmerschaft zu berücksichtigen. Insoweit gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend, d. h. für die der jPöR zugerechneten Einkünfte ist zu ermitteln, ob und ggf. welche BgA daraus entstehen.

Werden einzelne Tätigkeiten der Mitunternehmerschaft ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben, werden die Einnahmen und Ausgaben insoweit nicht in der steuerlichen Gewinnermittlung der Mitunternehmerschaft berücksichtigt. Sollte nur eine jPöR an der Mitunternehmerschaft beteiligt sein, wird für die ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübte Tätigkeit auf Ebene der jPöR eigenständig geklärt, ob und ggf. welche BgA hieraus entstehen. Sind hingegen mehrere jPöR an der Mitunternehmerschaft beteiligt, erfolgt die Klärung dieser Frage im Rahmen einer gesondert und einheitlichen Feststellung.

Beteiligung an einer Personengesellschaft mit fehlender Gewinnerzielungsabsicht

Wenn die Personengesellschaft vollumfänglich ohne Gewinnerzielungsabsicht tätig ist, liegt keine Mitunternehmerschaft vor. Für die Personengesellschaft ist keine Gewinnermittlung vorzunehmen und auf Ebene der jPöR eigenständig zu klären, ob und ggf. welche BgA aus der Beteiligung entstehen. Sollten wiederum mehrere jPöR an der Personengesellschaft beteiligt sein, erfolgt die Klärung dieser Frage im Rahmen einer gesondert und einheitlichen Feststellung.

Einkommensermittlung

Für die Einkommensermittlung eines BgA, der in Folge einer Beteiligung einer jPöR an einer Personengesellschaft entsteht, gelten die allgemeinen Grundsätze. Entstehen infolge der Beteiligung mehrere BgA, ist für jeden BgA ein eigenständiges Einkommen zu ermitteln und zu erklären.

Kommt es bei einer Tätigkeit der Personengesellschaft, die eigentlich dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen ist, zu Dauerverlustgeschäften, ist § 8 Abs. 7 Satz 2 2. Halbsatz KStG aus Billigkeitsgründen entsprechend anzuwenden und die Rechtsfolge einer verdeckten Gewinnausschüttung sind nicht zu ziehen.

Gewerbesteuer

Eine Mitunternehmerschaft mit gewerblichen Einkünften ist ein stehender Gewerbebetrieb, unabhängig von der Beteiligung einer jPöR. Die Mitunternehmerschaft ist jedoch kein Betrieb der öffentlichen Hand, sodass § 2 GewStDV nicht anzuwenden ist. Die Beteiligung kann aber zum Betriebsvermögen eines daneben bei der jPöR bestehenden Betriebs der öffentlichen Hand gehören. In diesem Fall ist bei dem Betrieb der öffentlichen Hand der Gewinn- oder Verlustanteil an der Mitunternehmerschaft nach § 9 Nr. 2 GewStG zu kürzen.

Anwendung der neuen Grundsätze und Bedeutung für die Praxis

Das BMF-Schreiben ist in allen offenen Fällen ab dem Veranlagungs-/Erhebungszeitraum 2009 anzuwenden. Soweit bisher die Auffassung vertreten wurde, dass die Beteiligung an einer Personengesellschaft keinen BgA begründet, weil die jPöR, würde sie die Tätigkeit der Personengesellschaft unmittelbar selbst ausüben, keinen BgA gehabt hätte, sind die neuen Grundsätze erstmals ab Veranlagungs-/Erhebungszeitraum 2018 anzuwenden. Die jPöR kann jedoch auf Antrag die neuen Grundsätze auch ab einem früheren Zeitpunkt anwenden.

JPöR sollten sorgfältig prüfen, ob ihre Beteiligungen an Personengesellschaften unter der Anwendung der neuen Grundsätze einen BgA begründen. Die Einkünfte aus der Beteiligung unterliegen auf Ebene der jPöR dann der Körperschaftsteuer, ggf. ist auch Kapitalertragsteuer einzubehalten.

Die Anwendung der neuen Grundsätze der Finanzverwaltung führt dazu, dass jPöR in mehr Fällen als zuvor einen BgA unterhalten. Es kommt nicht mehr darauf an, ob die jPöR, würde sie die Tätigkeit der Personengesellschaft unmittelbar selbst ausüben, keinen BgA gehabt hätte.

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, kontaktieren Sie bitte Herrn Christian Weimann.

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