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Augen auf beim Online-(Ver-)Kauf: Verbraucherzentrale nimmt intransparente Online-Bewertungen ins Visier

Verbraucherschützer haben begonnen, Verstöße gegen Informationspflichten bei Online-Bewertungen zu überprüfen und gegen diese vorzugehen. Die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) schreibt in einer Pressemitteilung vom 11. Juli 2023, dass sie in ausgewählten Fällen die Einleitung von Unterlassungsverfahren prüfe und Anbieter abgemahnt habe.

Das Ergebnis der Überprüfung

Die Evaluierung fällt nach Angaben des vzbv ernüchternd aus. So haben 90% der untersuchten Anbieter (27 von 30) nach Auffassung des vzbv gegen bestehende Verbraucherschutzvorschriften verstoßen. So sei es unter anderem problematisch, dass Bewertungen zu Produkten oder Dienstleistungen auf der Startseite angezeigt würden, ohne dass an dieser Stelle eine Aufklärung über die Verifizierung der entsprechenden Bewertungen erfolge. Kritisiert wurde ferner, dass Anbieter nicht offenlegen würden, wie sie die Echtheit der Kundenbewertungen sicherstellen. Schließlich moniert der vzbv, dass Informationen über die Herkunft der Bewertung auf den Webseiten versteckt und nicht unmittelbar aufzufinden seien.

Hintergrund

Im Rahmen der Umsetzung der Modernisierungsrichtlinie (Richtlinie 2019/2161/EU, auch bekannt als Omnibus-Richtlinie) sind für Unternehmen, die Nutzerwerbewertungen von Waren oder Dienstleistungen online zugänglich machen, zusätzliche Pflichten hinzugekommen.

Diese müssen seit 28. Mai 2022 darüber informieren, ob und wie sie sicherstellen, dass die veröffentlichen Bewertungen von Verbrauchern stammen, die diese Waren oder Dienstleistungen tatsächlich genutzt oder erworben haben, also „echt“ sind.
Eine aktive Pflicht zur Sicherstellung besteht demnach grundsätzlich nicht. Unternehmer müssen dann auf ihrer Webseite öffentlich deklarieren, dass die Bewertungen nicht auf ihre Echtheit überprüft worden sind. Treffen Unternehmer hingegen Maßnahmen zur Sicherstellung der Echtheit der Bewertungen, müssen sie über das „Wie“ informieren. Welche Maßnahmen dies konkret sein sollen, ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Der deutsche Gesetzgeber nennt in der Gesetzesbegründung als Beispiel, dass nur solche Verbraucher ein Produkt bewerten dürfen, die dieses tatsächlich über die Plattform des Unternehmers erworben haben.
Informiert werden soll ferner ausweislich den Erwägungsgründen der Richtlinie darüber, wie mit Bewertungen generell umgegangen wird, etwa ob alle Bewertungen – positive wie negative – veröffentlicht würden oder ob die Bewertungen gesponsert oder beeinflusst wurden.

Zwei weitere aktive Verhaltensweisen haben es in die sog. „schwarze Liste“ des UWG geschafft

Dies betrifft zunächst die Behauptung, dass Bewertungen eines Produkts von Verbrauchern stammen, die dieses tatsächlich verwendet oder erworben haben, ohne dass angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen ergriffen wurden, um zu prüfen, ob die Bewertungen tatsächlich von solchen Verbrauchern stammen. Ferner unzulässig ist das Übermitteln oder Beauftragen gefälschter Verbraucherbewertungen sowie die falsche Darstellung von Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern in sozialen Medien zum Zwecke der Verkaufsförderung.

Ist einer der beiden Tatbestände erfüllt, so liegt stets ein unlauteres Verhalten des Unternehmers vor.

Einschätzung

Bewertungen und Empfehlungen von anderen Verbrauchern sind ein elementares Kaufentscheidungskriterium für Verbraucher. An einer ersichtlich unechten Kundenbewertung hat kein Verbraucher ein ernsthaftes Interesse. Dies hat sich nicht erst zum 28. Mai 2022 geändert, sondern hat die Gerichte auch schon zuvor beschäftigt. Die zusätzlichen Informationspflichten scheinen daher grundsätzlich sinnvoll. Gleichwohl besteht auch hier ein gewisses Risiko, dass der gute Gedanke hinter diesen Informationspflichten dazu führt, dass Verbraucher nunmehr „erst recht“ getäuscht werden, weil sie auf die Echtheit der Bewertungen vertrauen.

Indem Unternehmer dazu verpflichtet werden, Angaben über die Aussagekraft der bereitgestellten Online-Bewertungen zu machen, müssen diese aus eigenem Antrieb Transparenz schaffen (oder klarstellen, dass sie dies gerade nicht tun). Ob und wie sie dies tun, ist für Verbraucherschützer, Mitbewerber und Behörden, weil sie es offenlegen müssen, leicht nachprüfbar. Mithin besteht ein nicht unerhebliches Risiko, für die Verletzung von Verbraucherinteressen abgemahnt zu werden oder gar ein empfindliches Bußgeld zahlen zu müssen. Angesichts der ernüchternden Bilanz des vzbv ist mit einer Überprüfung weiterer Anbieter in absehbarer Zeit zu rechnen.

Daniel Trunk

Zur besseren Lesbarkeit wird in dem vorliegenden Beitrag auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Es wird das generische Maskulin verwendet, wobei alle Geschlechter gleichermaßen gemeint sind.

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