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Corona vs. CSR: Stoppt das Virus auch die Nachhaltigkeit?

In unserem Newsletter Ausblick Corporate Social Responsibilty 2020 hatten wir Anfang Februar 2020 unsere Einschätzung dargelegt, dass das neue Jahrzehnt im Scheinwerferlicht der Nachhaltigkeit stehen werde. Zwei Monate später hat sich die Welt schlagartig verändert. Das Coronavirus ist omnipräsent, und die erforderlichen Maßnahmen zu seiner Eindämmung haben gravierende Auswirkungen auf die Gesellschaft im Allgemeinen und auf die Wirtschaft im Besonderen. Aktuell, hier und heute gibt es für sehr viele Menschen und Unternehmen gefühlt Wichtigeres, als sich mit Nachhaltigkeitsthemen zu befassen. Doch ist die Frage nachhaltigen Wirtschaftens damit dauerhaft vom Tisch, das Scheinwerferlicht aus?

Unsere Einschätzung: Mitnichten! Ein sorgfältiger und vorausschauender Geschäftsleiter tut gut daran, das Thema Nachhaltigkeit in und vor allem nach der Corona-Krise im Fokus zu behalten. Vielleicht ist gerade jetzt die Zeit zum Umdenken gekommen. Mahnte doch erst jüngst mit Bundestrainer Joachim Löw sogar einer der wichtigsten Vertreter des sonst nicht unbedingt für Tiefgründigkeit bekannten deutschen Profifußballs: Das Tempo, das wir vorgegeben haben, war nicht mehr zu toppen. […] Macht, Gier, Profit, noch bessere Resultate, Rekorde standen im Vordergrund, Umweltkatastrophen und Krankheiten seien dagegen an den Rand der Wahrnehmung gedrängt worden.

In unserem aktuellen Newsletter Corona vs. CSR: Stoppt das Virus auch die Nachhaltigkeit?“ geben wir einen ausführlichen Überblick über die aktuellen Entwicklungen zum Thema Nachhaltigkeit in Corona-Zeiten und die daraus folgenden Argumente für die ungebrochen fortbestehende Relevanz eines nachhaltigen Wirtschaftens. Die wichtigsten Punkte haben wir nachfolgend kurz und prägnant zusammengefasst:

1. Einleitende Überlegungen: Die Corona-Krise und das Bemühen um mehr Nachhaltigkeit in der Wirtschaft stehen sich nicht unversöhnlich gegenüber. Vielmehr wird klar, wie wichtig es ist, künftige Krisen, die durch ein nicht hinreichend nachhaltiges Wirtschaften ausgelöst oder begünstigt werden könnten, nach Möglichkeit zu vermeiden oder abzumildern oder zumindest bestmöglich auf sie vorbereitet zu sein. Stichworte sind: Kosteneffizienz klimaschützender Maßnahmen, Resilienz gegenüber Auswirkungen des Klimawandels, Transparenz in der Lieferkette, wechselseitige Abhängigkeit von Wirtschaft und Gesellschaft. Rechtliche Kardinalpflicht eines jeden Geschäftsleiters ist dabei die langfristige Bestandssicherung des Unternehmens. Gerade bei Strategie- und Investitionsentscheidungen ist es essentiell, diese auf Grundlage angemessener Information zu treffen. Nachhaltigkeitsaspekte können hierbei nicht einfach ausgeblendet werden.

2. European Green Deal, EU-Klimagesetz und neuer Marshall-Plan: Die EU-Kommission hat bereits recht deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie auch angesichts der Corona-Krise weiterhin an dem European Green Deal und dem Ziel der Klimaneutralität bis 2050 festhalten will. Hierzu hat sie u. a. Anfang März den Entwurf eines EU-Klimagesetzes vorgelegt. Zudem hat die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angekündigt, dass die zur Bekämpfung der Corona-Krise mobilisierten Mittel "klug und nachhaltig" investiert werden müssten. Ziel sei es, ein moderneres, nachhaltigeres und widerstandsfähigeres Europa aufzubauen".

3. Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken: Es ist nicht ersichtlich, dass sich bestehende und künftige Nachhaltigkeitsrisiken infolge der Corona-Krise grundlegend verändern bzw. reduzieren. Gemäß den geltenden rechtlichen Vorschriften müssen sich die Geschäftsleitungen von Finanzunternehmen und Unternehmen der Realwirtschaft angemessen (auch) mit Nachhaltigkeitsrisiken – und natürlich ebenso mit den Chancen – auseinandersetzen. Auch das Merkblatt der BaFin zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken hat daher Fortbestand.

4. Speziell: Climate Change Litigation: Zu den tatsächlichen, mit dem fortschreitenden Klimawandel verbundenen Risiken kommen für Unternehmen zudem Haftungsrisiken hinzu, die sich aus einer weltweit zunehmenden Anzahl von klimabezogenen Klagen ergeben (sog. Climate Change Litigation). Urteile in derartigen anhängigen Prozessen sowie potentielle künftige Kläger werden sich durch die Corona-Krise nicht aufhalten lassen. Auch die damit verbundenen Risiken bestehen also fort.

5. Institutionelle Investoren: Es ist nicht zu erwarten, dass Investoren – und hier gerade große institutionelle Investoren – Nachhaltigkeitsaspekten künftig weniger Beachtung schenken werden. Pars pro toto steht hierfür die aktuelle Erklärung von Larry Fink, dass Blackrock an seinem nachhaltigkeitsorientierten Investmentansatz festhalte, ja sogar langfristiges Denken noch nie so wichtig gewesen sei wie heute. Purpose-orientierte Unternehmen und Investoren mit einem langfristigen Ansatz kämen besser durch die aktuelle Corona-Krise und ihre Folgen.

6. Stakeholder Capitalism: Inhaltlich teilt diese Auffassung von Larry Fink auch Klaus Schwab, Gründer des Weltwirtschaftsforums. Im Anschluss an die Diskussion zum neuen Stakeholder Capitalism auf dem diesjährigen Weltwirtschaftsforum fordert Klaus Schwab, dass in der aktuellen Krise gerade Stakeholder-Unternehmen unterstützt werden müssten, da sie das Wirtschaftsmodell vertreten, mit dem wir heute überleben und morgen wieder florieren können".

7. Rechte und Pflichten der Geschäftsleitung: Es bleibt unverändert bei der rechtlichen Ausgangslage, dass die Geschäftsleitung bei ihren Entscheidungen auch Nachhaltigkeitsaspekte angemessen berücksichtigen müssen (s. o.). Die Diskussion um Sustainable Corporate Governance, die auch und gerade auf EU-Ebene bereits in vollem Gange ist, wird aller Voraussicht nach nicht abreißen.

8. NAP-Monitoring und Lieferkettengesetz: Die ohnehin bereits lebhafte und durch die unbefriedigenden Ergebnisse der ersten Monitoring-Runde zusätzlich angeheizte Diskussion um ein etwaiges Lieferkettengesetz wird sich unter dem Eindruck der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise gewiss nicht entspannen. Entwicklungsminister Gerd Müller hat unlängst erklärt, dass er gleichwohl an dem Ziel nachhaltiger globaler Lieferketten festhalte. Auch auf EU-Ebene gibt es deutliche Absichten zu einer diesbezüglichen Regulierung.

9. Fazit Corona vs. CSR: Die Corona-Krise wird die Nachhaltigkeit nach unserer derzeitigen Einschätzung nicht stoppen, sondern im Gegenteil vielleicht sogar befördern. Es ist bereits absehbar, dass die Corona-Krise in vielerlei Hinsicht zu einem veränderten Verhalten führen wird. Ebenso erscheint in der Tat eine Neubewertung vieler Annahmen über die Weltwirtschaft angezeigt. Die Corona-Krise zeigt die Verwundbarkeit einer globalisierten Welt an ihren empfindlichsten Stellen auf. Dies mag das Bewusstsein dafür schärfen, dass auch andere künftige Krisen – allen voran solche infolge fortschreitenden Klimawandels – ganz ähnliche Folgen mit sich bringen könnten und es daher gilt, sie nach Möglichkeit zu verhindern oder abzumildern. Zudem wird deutlich, wie wichtig es ist, die Resilienz der Unternehmen zu stärken. Dazu gehört u. a. auch, mehr Transparenz gerade an den kritischen Stellen der Lieferkette zu schaffen und Risiken zu diversifizieren. Zudem macht die Corona-Krise deutlich, wie eng Wirtschaft und Gesellschaft national und global miteinander verbunden sind. Globale Herausforderungen können letztlich nur durch ein gemeinsames Zusammenwirken alle Akteure effizient angegangen werden. Staaten, Wirtschaft und Gesellschaft sind gut beraten, dazu ihre jeweiligen Beiträge zu leisten, um dadurch ganz im Sinne der Agenda 2030 der Vereinten Nationen zu einem nachhaltigen Wachstum für alle zu kommen und die ansonsten drohende Gefahren zu verhindern. Das allerdings setzt unter anderem genau jene Umgestaltung der Wirtschaft voraus, auf die die EU-Kommission in ihrem European Green Deal abzielt.

Mehr lesen Sie in unserem ausführlichen aktuellen CSR-Newsletter hier .

Dr. André Depping

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