BLOG -


Per Post, Persönlich, per Brieftaube? Die Zustellung der Kündigung

Kürzlich ruft mich ein Bote an. Der Bote war beauftragt, einem Arbeitnehmer die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zuzustellen und sie an dessen Wohnsitz in seinen Hausbriefkasten einzuwerfen. Der Bote teilt mir telefonisch mit, dass er den Wohnsitz zwar gefunden habe, das Grundstück mit Garten aber umzäunt sei. Auf meine Nachfrage, ob er den Briefkasten gesehen hat, teilte er mit, dass der Briefkasten an der Haustüre weit innerhalb der Umzäunung angebracht sei. Ich habe ihn gebeten die Gartentüre zu öffnen, durch den Garten zu gehen und die Kündigung in den Briefkasten einzuwerfen. Der Bote teilte mir mit, dass im Garten ein großer Hund sei, der schon mehrfach geknurrt und gebellt habe, er habe deshalb Angst und werde die Gartentüre nicht öffnen, sondern lieber die Kündigung über den Zaun in den Garten werfen…

Liebe Leserin, lieber Leser,

natürlich habe ich den Wurf der Kündigung über den Zaun nicht zugelassen. Es wäre purer Zufall, ob der Arbeitnehmer die Kündigung jemals erhalten hätte, oder ob sie vom Hund zerbissen, vom Wind verweht oder vom Regen aufgeweicht und weggespült worden wäre. Ähnlich wie in dem Fall mit dem Boten, habe ich jedoch nahezu täglich mit Fragen zum wirksamen Zugang einer Kündigung zu tun. Hier ist deshalb Wissenswertes über die Zustellung der Kündigung:

Erfordernis der Zustellung

Die Zustellung einer formell ordnungsgemäßen Kündigung ist aus mehreren Gründen wichtig. Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist rechtlich betrachtet eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Das bedeutet, dass eine Kündigung so lange keine Wirkung entfaltet, bis sie dem Empfänger, das ist der Arbeitnehmer dessen Arbeitsverhältnis gekündigt werden soll, zugeht. Ab dem Zeitpunkt der Zustellung beginnt die Kündigungsfrist zu laufen. Bei einer Kündigungsfrist von beispielsweise drei Monaten zum Quartalsende, ist es entscheidend, ob die Kündigung am 31.03. zugeht und das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 30.06. beendet oder ob sie am 01.04. zugeht und das Arbeitsverhältnis erst mit Ablauf des 30.09. enden würde. Ab dem Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung läuft auch die Frist des § 4 KSchG und der Arbeitnehmer muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Klage beim Arbeitsgericht erheben, wenn er geltend machen möchte, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist.

Bessere und schlechtere Zustellmöglichkeiten

Bei der Wahl der Zustellmöglichkeit einer Kündigung beim Arbeitnehmer muss sichergestellt werden, dass die Kündigung in den sog. „Machtbereich“ des Arbeitnehmers gelangt. Eine Kenntnis des Arbeitnehmers von der Kündigung ist hingegen nicht erforderlich. Zudem muss sichergestellt werden, dass die Zustellung im Falle eines Kündigungsschutzprozesses nachgewiesen werden kann.

  • Persönliche Übergabe: Die - aus rechtlicher Sicht – beste Möglichkeit ist die persönliche Übergabe der Kündigung im Original an den Arbeitnehmer am Arbeitsplatz/im Betrieb. Zur Dokumentation kann der Arbeitnehmer den Zugang der Kündigung auf einem 2. Exemplar durch Unterschrift bestätigen. Wenn der Arbeitnehmer die Unterschrift verweigert, z.B. aus Angst einen Fehler zu machen, sollte ein Übergabeprotokoll geschrieben werden (wer hat wann mit wem die Kündigung wo übergeben) und ein Zeuge, der die Übergabe bestätigen kann, sollte das Protokoll ebenfalls bestätigen.
  • Persönliche Übergabe und Ablehnung der Annahme: Es kommt immer wieder vor, dass sich Arbeitnehmer weigern, die Kündigung an sich zu nehmen. Für den Zugang der Kündigung reicht es aus, wenn sie in den Machtbereich des Arbeitnehmers gelangt ist. Bei der persönlichen Übergabe reicht es deshalb aus, wenn die Kündigung dem Arbeitgeber übergeben oder vor ihn hingelegt wird, auch wenn der Arbeitnehmer die Kündigung liegen lässt. Zur Dokumentation sollte ebenfalls ein Protokoll erstellt werden.
  • Per Boten: Wenn Arbeitnehmer nicht im Betrieb tätig sind (Krankheit, Urlaub, Außendienst, Home Office) und eine persönliche Übergabe am Arbeitsplatz nicht möglich ist, kann die Kündigung auch am Wohnort des Arbeitnehmers übergeben oder in den Briefkasten des Arbeitnehmers geworfen werden. Für die Dokumentation ist wichtig, dass der Bote (z.B. Mitarbeiter oder externer Botendienst) sich das im Original unterschriebene Kündigungsschreiben zeigen lässt und dabei ist und bestätigen kann, dass die Kündigung in den Briefumschlag gelegt wurde, den der Bote dann am Wohnort des Arbeitnehmers dem Arbeitnehmer übergeben oder in den Briefkasten geworfen hat. Der Bote erstellt für den Nachweis ein Protokoll, dass er zugegen war, als die Kündigung im Original in den Briefumschlag gelegt wurde und wann und wo er die Kündigung übergeben/eingeworfen hat.
  • Einwurfeinschreiben: Beim Einwurfeinschreiben übermittelt die Post die Kündigung, wirft sie in den Hausbriefkasten des Arbeitnehmers und bestätigt dem Arbeitgeber, dass und wann das Einschreiben in den Hausbriefkasten des Arbeitnehmers eingeworfen wurde. Nachteil des Einwurfeinschreibens gegenüber der Botenzustellung ist, dass die Post nicht bestätigen kann, ob eine Kündigung im Briefumschlag war.
  • Einschreiben mit Rückschein: Das Einschreiben mit Rückschein ist für die Zustellung einer Kündigung abzulehnen. Im Gegensatz zum Einwurfeinschreiben wird das Einschreiben mit Rückschein nur dem Arbeitnehmer persönlich oder einem Familienangehörigen übergeben und nicht in den Hausbriefkasten eingeworfen. Wenn der Arbeitnehmer nicht zu Hause ist oder die Tür nicht öffnet bzw. das Schreiben nicht entgegennimmt, wird es bei der Post gelagert und der Arbeitnehmer kann es abholen. Damit hat der Arbeitnehmer es in der Hand, ob und wenn ja, wann er die Kündigung abholt.
  • Post: Die Übermittlung per Post oder mit einem anderen Dienstleister ist ebenfalls nicht geeignet für die Zustellung einer Kündigung. Der Arbeitgeber kann nicht nachweisen, ob und wann die Kündigung dem Arbeitnehmer zugegangen ist. Der Arbeitgeber kann auch nicht nachweisen, dass eine Kündigung im Briefumschlag war.
  • Wurf in den Garten: Eine Kündigung gilt als zugegangen, wenn sie entweder dem Arbeitnehmer übergeben wurde oder wenn sie in seinen Hausbriefkasten eingeworfen wird. Der Hausbriefkasten ist dafür da und damit muss der Arbeitnehmer auch rechnen, dass wichtige Unterlagen, die auch sein Arbeitsverhältnis betreffen dort eingeworfen werden. Der Arbeitnehmer muss den Briefkasten regelmäßig leeren bzw. er muss sich so behandeln lassen, als ob er ihn regelmäßig geleert hätte. Der Arbeitnehmer muss nicht damit rechnen, dass ihm wichtige Unterlagen in den Garten geworfen werden. Er muss damit nicht regelmäßig den Garten nach Briefen absuchen und muss keine Vorkehrungen vor einer Beschädigung durch Wetter oder Tiere treffen.

Dem Boten in meinem Beispiel und dem Hund geht es gut und die Kündigung konnte rechtmäßig zugestellt werden. Mit herzlichen (arbeitsrechtlichen) Grüßen

Ihr Dr. Erik Schmid

Dieser Blog ist bereits im arbeitsrechtlichen Blog von Erik Schmid im Rehm-Verlag (www.rehm-verlag.de) erschienen.
Zur besseren Lesbarkeit wird in dem vorliegenden Beitrag auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Es wird das generische Maskulin verwendet, wobei alle Geschlechter gleichermaßen gemeint sind.

TAGS

Kündigung Kündigungserklärung Briefzustellung

Kontakt

Dr. Erik Schmid T   +49 89 35065-1127 E   Erik.Schmid@advant-beiten.com