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Neues zum Bonusverbot für Vorstände, Geschäftsführer & Co.: Preisbremsen nicht verlängert, ABER …

Der Gesetzgeber hatte für das Jahr 2023 in § 37a Strompreisbremsengesetz (StromPBG) sowie in § 29a Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz (EWPBG) umfangreiche Verbote zur Vereinbarung und Gewährung von Boni für Mitglieder der Geschäftsleitung von Unternehmen erlassen. Eigentlich sollten die Preisbremsen bis ins Jahr 2024 verlängert werden. Der Bundestag hatte die Verlängerung sogar am 16. November 2023 beschlossen. Aufgrund der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung zum Haushalt und den folgenden Sparzwängen in Berlin wurde der Beschluss aber nicht umgesetzt. Eine Verlängerung des Bonusverbots ins Jahr 2024 hinein ist somit vom Tisch.

ABER: Viele Auswirkungen des im Jahr 2023 bestehenden Bonusverbotes zeigen sich erst jetzt. Zum einen schauen sich die Wirtschaftsprüfer aktuell genau an, welche Entlastungssummen ("Subventionen") die Unternehmen tatsächlich gewährt bekommen haben und ob die Bonusverbote für Vorstände und Geschäftsführer eingehalten wurden. Außerdem werden die Prüfbehörden nach und nach aktiv und gehen möglichen Verstößen nach. WORST CASE-Szenario: Unternehmenslenker müssen ihre Boni, Unternehmen die erhaltenen Entlastungsbeträge komplett zurückzahlen.

Die gesetzlichen Regelungen sind extrem unübersichtlich. StromPBG und EWPBG wurden zwischenzeitlich mehrfach geändert. Dies ist wenig dienlich für die dringend notwendige Rechtsklarheit.

Wir haben unsere 10 wichtigsten Fragen, die spätestens JETZT geklärt werden sollten, einmal zusammengefasst:

1. Falle ich als Unternehmen (GmbH, Aktiengesellschaft) unter das Bonusverbot?

Hier müssen vor allem Konzernunternehmen aufpassen. Wichtig: In welchem Umfang haben einzelne Konzernunternehmen (Mutter-/Tochtergesellschaften) profitiert? Wie wirken sich Auslandsberührungen aus?

2. Welche Entlastungen werden bei den Schwellenwerten (25 Millionen / 50 Millionen) einbezogen?

§ 2 Nr. 4 EWPBG und § 2 Nr. 5 EWPBG beziehen nicht nur Entlastungsbeträge nach diesen beiden Normen ein. Was ist z.B. mit Ausgleichszahlungen nach § 26f Krankenhausfinanzierungsgesetz? Nach rechtlich unverbindlicher Mitteilung des Bundeswirtschaftsministeriums zählen diese Ausgleichszahlungen und weitere Entlastungsbeträge mit dazu. Kann das richtig sein?

3. Wessen Boni sind betroffen?

Persönlich angesprochen werden in den Gesetzen die Boni von "Mitgliedern der Geschäftsleitung" sowie „Mitgliedern von gesellschaftsrechtlichen Aufsichtsorgangen“ des Unternehmens. Wer soll das sein? Klar ist: Organe wie Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder sowie Aufsichtsratsmitglieder werden ausnahmslos erfasst. Aber was gilt für Prokuristen, leitende Angestellte Co.?

4. Welche Vergütungsbestandteile fallen unter das Bonusverbot?

Das Gesetz spricht u.a. von "Boni", "variablen Vergütungsbestandteilen", "nicht gebotenen Abfindungen und freiwilligen Vergütungen"? Was noch alles darunterfällt? Leider unklar! Die private Dienstwagennutzung gehört z.B. sehr wahrscheinlich dazu.

5. Wann durften keine Boni ausgezahlt werden?

Das Bonusverbot galt für das Kalenderjahr 2023. Je nach Umfang des Entlastungsbetrags (mehr als 25 Millionen oder mehr als 50 Millionen Euro) spielen jedoch weitere Daten eine entscheidende Rolle, wie z.B. der Zeitpunkt der Bonusvereinbarung. Auch Bonuszahlungen für das Vorjahr durften im Jahr 2023 bei dem Bezug einer Entlastungssumme von mehr als 50 Millionen Euro nicht ausgezahlt werden.

Wegen der Nichtverlängerung der gesetzlichen Regelung dürfen Boni seit dem 1. Januar 2024 grundsätzlich wieder gewährt werden. Generell gilt: Bei den Auszahlungen von Boni aus dem Verbotszeitraum lieber zweimal nachschauen!

6. Darf ich als Geschäftsführer unter Verstoß gegen das Bonusverbot ausgezahlte Boni behalten?

Hier prallen zwei rechtliche Welten aufeinander. Als Arbeitsrechtler:innen möchten wir Ihnen sagen: ja, klar! Schließlich sind die Boni oftmals Gegenstand von (Ziel-)Vereinbarungen gewesen. Pacta sunt servanda! Der subventionsrechtliche Hintergrund der Gesetze spricht jedoch eine andere Sprache. Hier müssen notfalls die Arbeitsgerichte entscheiden.

7. Drohen Rückforderungen durch die Behörden?

Davon ist auszugehen. Ähnlich wie bei den Coronahilfen ist mit einer "Aufarbeitung" und Überprüfungen zu rechnen. Das Gesetz formuliert hier sehr drastisch: Wurde das Bonusverbot nicht eingehalten, sind Entlastungsbeträge zurückzufordern.

8. Wieviel müssen Unternehmen schlimmstenfalls zurückzahlen?

An dieser Stelle wird es besonders tricky. Das Gesetz sagt sinngemäß: Die Prüfbehörde hat die 25 Millionen oder 50 Millionen Euro übersteigenden Entlastungsbeträge zurückzufordern, soweit [!] die Vorschriften über das Bonusverbot nicht eingehalten wurden. Wurde das Unternehmen mit 49,999 Millionen Euro entlastet und dem Vorstand 1.001 Euro Bonus gezahlt, wäre der Rückzahlungstatbestand erfüllt.

Die Frage ist aber: Müssen "nur" die entgegen dem Bonusverbot gewährten 1.001 Euro – oder – der 25 Millionen Euro übersteigende Teil des Entlastungsbetrags, also 24,999 Millionen Euro, zurückgezahlt werden? Letzteres Verständnis würde z.B. im Gesundheitswesen die Insolvenzwelle bei Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen noch weiter anheizen. Damit hätte das Gesetz das Gegenteil von dem erreicht, was eigentlich beabsichtigt war.

9. Müssen Rückstellungen gebildet werden?

Unternehmen, die mögliche Verstöße gegen das Bonusverbot identifiziert haben, müssen jetzt prüfen, ob und in welchem Umfang Rückstellungspflichten bestehen.

10. Wird Vertrauensschutz gewährt?

Die gesetzlichen Regelungen zum Bonusverbot wurden im Laufe des Jahres 2023 noch einmal ausgeweitet. Die Vorgehensweise des Gesetzgebers wirft die Frage nach einem Vertrauensschutz auf. Konnten Unternehmen bei Auszahlung der Boni überhaupt wissen, dass der ausgezahlte Bonus dem Verbot unterfällt?

Wir sind uns sicher, dass es noch viele weitere ungelöste Fragen rund um das Thema Bonusverbot gibt. Das waren erstmal unsere "Top 10" aus der Beratung der letzten Monate. Welche weiteren Erfahrungen haben Sie gemacht? Wo sind Ihrer Meinung nach die größten Baustellen?

Lisa Brix
Michael Riedel

Zur besseren Lesbarkeit wird in dem vorliegenden Beitrag auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Es wird das generische Maskulin verwendet, wobei alle Geschlechter gleichermaßen gemeint sind.

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