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Laden des privaten Hybridfahrzeugs am Arbeitsplatz ein Kündigungsgrund?

LAG Düsseldorf, Vergleich vom 19. Dezember 2023 - 8 Sa 244/23

Sachverhalt

Etwa vier Jahre war der Eigentümer eines Hybridfahrzeugs als Rezeptionist bei seinem Arbeitgeber tätig. Nachdem jedoch mehrere seiner Kollegen den Chef darauf hinwiesen, dass der Rezeptionist den Einsatz in der Spätschicht regelmäßig nutzte, um sein Hybridfahrzeug auf Kosten des Arbeitgebers aufzuladen, erwischte ihn der Arbeitgeber prompt einen Tag später bei einem Ladevorgang an der regulären Haushaltssteckdose. Das etwa 20-minütige Laden entsprach nach Angabe des Arbeitgebers Stromkosten von knapp 40 Cent. Es folgte eine außerordentliche fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung. Der Rezeptionist gewann mit seiner Kündigungsschutzklage in erster Instanz (Arbeitsgericht Duisburg, Urteil vom 10. März 2023 – 5 Ca 138/22). Hiergegen legte der Arbeitgeber Berufung ein.

Die Entscheidung

In der mündlichen Verhandlung führte das LAG Düsseldorf aus, dass das unerlaubte Laden des Privatfahrzeugs auf Kosten des Arbeitgebers an sich ein Kündigungsgrund darstelle. Dies gelte erst recht, wenn das Laden an einer 220 Volt Steckdose und nicht an einer Wallbox oder eingerichteten Ladestation erfolge. Im Rahmen der Interessenabwägung kam das LAG Düsseldorf dennoch zu dem Ergebnis, dass im konkreten Fall eine Kündigung unverhältnismäßig gewesen sei und eine Abmahnung ausgereicht hätte. Dies insbesondere aufgrund der geringen Kosten des nachgewiesenen Ladevorgangs, der Tatsache, dass kein Verbot zum Laden von Elektromotoren für Mitarbeiter bestand und das Arbeitsverhältnis bis dahin beanstandungsfrei verlief. Das Gericht wies daraufhin, dass die Beweisaufnahme der ersten Instanz möglicherweise wiederholt werden müsse und machte einen Vergleichsvorschlag zur Beendigung des Rechtsstreits, der schließlich angenommen wurde.

Bedeutung für die Praxis

Zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung wird geprüft, ob der Sachverhalt abstrakt betrachtet, an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund für eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses darzustellen. Im zweiten Schritt wird unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls eine Interessenabwägung vorgenommen. Hier wird insbesondere die Schwere der Pflichtverletzung, der Grad des Verschuldens, die Betriebszugehörigkeit und ein störungsfreier Verlauf des Arbeitsverhältnisses miteinbezogen. Das LAG Düsseldorf bezog in die Interessenabwägung ein, dass der Arbeitgeber das Laden anderer elektronischer Geräte, wie zum Beispiel Handys duldete. Der Vortrag des Klägers erstreckte sich auch auf das geduldete Aufladen von Tablets, E-Bikes, E-Roller und E-Zigaretten. Auch bereits das LAG Hamm berücksichtigte in seinem Urteil vom 2. September 2010 (Az. 16 Sa 260/10) in der Interessenabwägung einer außerordentlichen fristlosen Kündigung wegen unerlaubten Ladens eines Elektrorollers den Umstand, dass in dem Betrieb Handys aufgeladen und elektronische Bilderrahmen betrieben wurden, ohne dass der Arbeitgeber eingriff. Zwar wies im vorliegenden Fall das LAG Düsseldorf darauf hin, dass das Laden von Handys wertungsmäßig etwas anderes sei als das Laden eines Hybridautos, dennoch wurde der Vergleich herangezogen.

Arbeitgeber sollten daher abwägen, ob die Stromnutzung für private Gegenstände durch Arbeitnehmer geduldet wird oder in einer internen Richtlinie bzw. Betriebsvereinbarung ein klarer Rahmen hierfür vorgegeben und das Laden von elektronischen Geräten insgesamt oder lediglich von Elektromotoren untersagt wird.

Sabrina Miersen
Theresa Neidhardt

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fristlose Kündigung Ladevorgang Betriebsvereinbarung Elektrofahrzeuge

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