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Gesetz zur Weiterentwicklung der Verlustverrechnung

BGBl. I 2016, S. 2998

Nachdem der Bundesrat dem Entwurf des o. g. Gesetzes am 16. Dezember 2016 zugestimmt hat, wurde dies nun im Bundesgesetzblatt verkündet. Die Neuregelung soll Unternehmen auf Antrag die Fortführung von Verlustvorträgen ermöglichen, wenn diese nach einem schädlichen Anteilseignerwechsel nach § 8c KStG das Unternehmen bzw. dessen Geschäftsbetrieb fortführen. Durch Einführung eines neuen § 8d KStG – Fortführungsgebundener Verlustvortrag – sollen steuerliche Hemmnisse bei der Unternehmensfinanzierung durch Neueintritt oder Wechsel von Anteilseignern beseitigt werden. Siehe hierzu auch Tax Newsletter Oktober 2016.

Bisherige Rechtslage

Nach der bisher allein geltenden Vorschrift des § 8c KStG gingen die steuerlichen Verlustvorträge vollständig unter, wenn innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 50 Prozent der Beteiligungsrechte bzw. des gezeichneten Kapitals oder der Mitgliedschafts- oder Stimmrechte übertragen wurden. Bei einer Übertragung von zwischen 25 und 50 Prozent der Beteiligung gingen die Verlustvorträge anteilig unter.

Ausnahmen hierzu bestanden nur nach der sog. Stille-Reserven-Klausel und der sog. Konzernklausel. § 8c KStG war mit Wirkung des Jahres 2008 eingeführt worden und hatte die zuvor geltende Regelung für Mantelkäufe (§ 8 Abs. 4 KStG alt) ersetzt. § 8c KStG gilt sowohl für Körperschaft- als auch für Gewerbesteuerzwecke. Für Zinsvorträge im Rahmen der Zinsschranke nach § 4h EStG gilt die Regelung in § 8c KStG entsprechend.

Geplante Änderung: Fortführungsgebundener Verlustvortrag (§ 8d KStG neu)

Durch den neuen § 8d KStG soll der Steuerpflichtige die Möglichkeit erhalten, auf Antrag auch im Falle eines gemäß § 8c KStG schädlichen Beteiligungserwerbs den Erhalt der Verlustvorträge feststellen zu lassen, wenn der bisherige Geschäftsbetrieb im Wesentlichen fortgeführt wird. Maßgeblich ist dabei der Geschäftsbetrieb, der in den letzten drei Jahren vor dem schädlichen Anteilserwerb von der Körperschaft unterhalten wurde.

Der Geschäftsbetrieb wird gesetzlich definiert. Danach umfasst ein Geschäftsbetrieb die von einer einheitlichen Gewinnerzielungsabsicht getragenen, nachhaltigen, sich gegenseitig ergänzenden und fördernden Betätigungen der Körperschaft und bestimmt sich nach qualitativen Merkmalen in einer Gesamtbetrachtung. Qualitative Merkmale sind insbesondere die angebotenen Dienstleistungen oder Produkte, der Kunden- und Lieferantenkreis, die bedienten Märkte und die Qualifikation der Arbeitnehmer. Solange der Geschäftsbetrieb also fortgeführt wird, können die entsprechenden Verluste, die zunächst gesondert festgestellt wurden, mit Erträgen verrechnet werden. Ergänzend kommt es jedoch zum Untergang des Verlustvortrags, wenn

  • der Geschäftsbetrieb ruhend gestellt wird;
  • der Geschäftsbetrieb einer andersartigen Zweckbestimmung zugeführt wird;
  • die Körperschaft einen zusätzlichen Geschäftsbetrieb aufnimmt;
  • die Körperschaft sich an einer Mitunternehmerschaft beteiligt;
  • die Körperschaft die Stellung eines Organträgers einnimmt oder
  • auf die Körperschaft Wirtschaftsgüter übertragen werden, die zu einem geringeren als dem gemeinen Wert angesetzt werden.



Damit möchte der Gesetzgeber erreichen, dass Verlustvorträge künftig auf Antrag in größerem Umfang erhalten bleiben, als in der Vergangenheit. Dies soll für Fälle gelten, in denen die bisherigen Ausnahmen nach der Stille-Reserve-Klausel sowie der Konzernklausel nicht galten.

Die neue Vorschrift des § 8d KStG soll rückwirkend ab dem 1. Januar 2016 gelten. Nach der Gesetzesbegründung rechnet das BMF mit einer steuerlichen Entlastung von jährlich ca. EUR 600 Mio. für Körperschaften.

Mögliche Auswirkungen auf die Praxis

Nach dem neuen § 8d KStG besteht die Möglichkeit, erstmals auf den 31. Dezember 2016 eine gesonderte Feststellung des Verlustes zu beantragen, wenn im laufenden Jahr 2016 ein schädlicher Beteiligungserwerb stattgefunden hat.

Für die Kapitalgesellschaften ist die Neuregelung sehr zu begrüßen, denn bisher führte eine Anteilsübertragung häufig zum Verlust des Verlustvortrags, was zu steuerlichen Mehrbelastungen führte und insbesondere in typischen Sanierungsfällen bisher ein echtes Hindernis darstellte.

Die Neuregelung dürfte nicht ganz freiwillig erfolgen bzw. vor folgendem Hintergrund zu sehen sein:

Der Gesetzgeber hatte bereits im Jahr 2009 eine sog. Sanierungsklausel eingeführt, die im Falle einer Anteilsübertragung zum Zwecke der Sanierung den Erhalt des Verlustvortrags vorsah. Die Sanierungsklausel knüpfte dabei daran an, dass der bisherige Geschäftsbetrieb erhalten blieb und diesem neues Kapital zugeführt wurde. Diese Regelung wurde von der Europäischen Kommission als wettbewerbswidrige Beihilfe qualifiziert und für nicht anwendbar erklärt. Zudem wurde vom Finanzgericht Hamburg bereits im Jahr 2011 die Regelung des § 8c KStG dem Bundesverfassungsgericht wegen verfassungsrechtlicher Bedenken zur Prüfung vorgelegt. Der Untergang des Verlustvortrags im Falle der Anteilsübertragung sei nicht gerechtfertigt, da die Regelung nicht auf Missbrauchsfälle beschränkt sei. Die Entscheidung des

Bundesverfassungsgerichts wird nun für das laufende Jahr 2017 erwartet und es ist nicht ausgeschlossen, dass § 8c KStG für unwirksam erklärt wird, da andere Regelungen, die zusammen mit § 8c KStG eingeführt wurden, schon als verfassungswidrig eingestuft wurden. Vor diesem Hintergrund dürfte auch zu verstehen sein, warum § 8d KStG als komplette Neuregelung konzipiert wurde und nicht lediglich als weitere Ausnahme innerhalb der Regelung von § 8c KStG.

Für die Praxis wird die Regelung bedeutende Erleichterungen mit sich bringen. Für all diejenigen Unternehmen und Unternehmer, die ihre Anteilsübertragung im vergangenen Jahr 2016 vorgenommen haben, ist nun zu prüfen, ob insoweit die positive Regelung des § 8d KStG gelten könnte. In diesem Falle ist ein Antrag erforderlich. Der Antrag muss nach der Neuregelung zusammen mit der Abgabe der Steuererklärung gestellt werden. Für Körperschaft- und Gewerbesteuerzwecke kann der Antrag nur einheitlich gestellt werden.

Für alle Unternehmer, die für die Zukunft eine Übertragung der Anteile planen oder durchführen, wird die Neuregelung des Verlustvortrags eine interessante Option darstellen. Verknüpft allerdings mit dem Erfordernis, den bisherigen Geschäftsbetrieb fortzuführen. Da die Kriterien hierfür allerdings zu eng gefasst sind, wird sich die Neuregelung in einigen Fällen voraussichtlich als nicht hilfreich erweisen.

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, wenden Sie sich bitte an Herrn Dr. Michael Hils.

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