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Gesamtrechtsnachfolge in den objektbezogenen Verlustvortrag gemäß § 2a EStG – Negative Einkünfte des Erblassers aus der Vermietung einer im Ausland belegenen Immobilie

FG Düsseldorf, Urteil vom 20. Dezember 2016, 13 K 897/16 F

Hintergrund

Nach § 2a Abs. 1 Nr. 6 lit. a EStG dürfen negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen, welches in einem Drittstaat belegen ist, nur mit positiven Einkünften der gleichen Einkunftsart und aus demselben Land verrechnet werden. Die am Schluss des Veranlagungszeitraums auf diese Weise nicht verbrauchbaren Verluste werden gesondert festgestellt und vorgetragen.

Stirbt der Erblasser, stellt sich die Frage, wie mit den vorgetragenen, aber noch nicht verbrauchten Verlusten nach § 2a Abs. 1 EStG umzugehen ist. Zivilrechtlich tritt der Erbe im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 BGB in die Rechtsposition des Erblassers ein. Ausweislich der Rechtsprechung des BFH tritt der Erbe materiell- und verfahrensrechtlich ebenfalls in die Stellung des Erblassers ein, soweit keine höchstpersönlichen Verhältnisse des Erblassers in der jeweiligen Position betroffen sind (BFH, Beschluss vom 25. August 2010, I R 13/09).

Bezüglich des nicht ausgenutzten Verlustabzugs nach § 10d EStG hatte der Große Senat des BFH (BFH, Beschluss vom 17. Dezember 2007, GrS 2/04) entschieden, dass der Erbe diesen nicht nach dem Erbfall weiter nutzen kann. Zur Begründung wurde angeführt, dass der Verlust nur die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Erblassers gemindert habe. In anderen Fällen könne jedoch bei anteiliger Verwirklichung des Verlustnutzungstatbestands durch Erblasser und Erbe etwas anderes gelten, wenn durch die anteilige Tatbestandsverwirklichung eine Verklammerung entsteht.

Nach der bisherigen Verwaltungsauffassung (vgl. R 10d Abs. 9 S. 9 EStR 2015) waren Verluste des Erblassers aus der Vermietung einer im Ausland belegenen Immobilie nach § 2a Abs. 1 EStG ebenfalls nicht auf die Erben übertragbar. Das FG Düsseldorf tritt mit der vorliegenden Entscheidung der bisherigen Verwaltungsauffassung entgegen.

Entscheidungssachverhalt

Der Kläger erlangte im Wege der Erbfolge eine in der Schweiz belegene vermietete Immobilie. Der Erblasser selbst tätigte vor seinem Tod diverse Renovierungsaufwendungen, die er zu Lebzeiten mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus im Ausland belegenen Einkünften verrechnen konnte. Die nach Verrechnung mit den Einkünften übriggebliebenen Verluste des Erblassers wurden für diesen gesondert festgestellt und führten zu verrechenbaren negativen Einkünften für die folgenden Jahre auf Ebene des Erblassers. Im Zeitpunkt des Erbfalls war der Verlustvortrag noch nicht vollständig aufgebraucht.

Der Kläger setze nach dem Erbfall die Vermietung der Immobilie fort und erzielte wieder Einkünfte aus der Vermietung. Diese positiven Einkünfte wollte der Kläger mit den gesondert festgestellten Verlusten des Erblassers aus § 2a Abs. 1 EStG ausgleichen. Das Finanzamt folgte dem nicht. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg, sodass Klage erhoben wurde.

Entscheidung des FG Düsseldorf

Das FG Düsseldorf hat entschieden, dass das Finanzamt zu Unrecht die Feststellung von verbleibenden negativen Einkünften aus der Vermietung des Hauses in der Schweiz abgelehnt habe und folgte den Anträgen des Klägers in den wesentlichen Punkten. Das Gericht stellte zunächst fest, dass der Erblasser die Verluste nach § 2a Abs. 1 EStG tatsächlich verwirklicht hatte, der Kläger die positiven Einkünfte aus der Vermietung aber erst nach dem Erbfall erwirtschaftet hatte. Nach Auffassung des Gerichts sind die durch den Erblasser und durch den Erben verwirklichten Besteuerungsmerkmale in der Weise verklammert, dass der festgestellte Verlust eine vererbbare Position darstellt und auch nach dem Ableben des Erblassers durch den Erben genutzt werden kann.

Begründet wird die Entscheidung u.a. mit dem Zweck des § 2a Abs. 1 EStG. Dieser diente anders als § 10d EStG nicht dazu, die Einkünfte aufgrund des wirtschaftlichen Leistungsfähigkeitsprinzips zu mindern. Sinn und Zweck der Vorschrift sei es vielmehr, die Verrechnung mit anderen Einkünften gänzlich zu verhindern und nicht zeitlich zu verschieben.

Fazit und Folgen für die Praxis

Sollte der BFH in der eingelegten Revision dem FG Düsseldorf folgen, so schafft die Entscheidung eine Verbesserung der steuerlichen Vermögensrechtsnachfolge bei vererbten ausländischen Verlusten i.S.d. § 2a EStG. Für die Erben besteht die Möglichkeit, entstandene Verluste auch nach dem Erbfall weiter mit positiven Einkünften zu verrechnen.

Zwar ist die Einkommensteuer für sich genommen eine personenbezogene Steuer. Die Regelung des § 2a Abs. 1 EStG ist jedoch eine objekt- und quellenbezogene Verlustvortrags- und Verrechnungsregelung, sodass auf Grund der unterschiedlichen Regelungsziele die Würdigung der steuerlichen Vererbbarkeit der Verlustvorträge nach § 2a Abs. 1 EStG zu solchen nach § 10d EStG erfolgen muss. Aufgrund der Objektbezogenheit von ausländischen Einkünften erscheint es folgerichtig, diese auch im Rahmen der Verlustnutzung durch die Erben zu Gunsten der Steuerpflichtigen zu Grunde zu legen. Die Abkehr der Rechtsprechung von der bisherigen Verwaltungsauffassung ist demnach zu begrüßen.

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, wenden Sie sich bitte an Herrn Benjamin Knorr.

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Benjamin Knorr

Rechtsanwalt, LL.M. Eur., Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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Aktuelles Verlustvortrag Erblasser Gesamtrechtsnachfolge Ausländische Verluste,Einkommensteuergesetz

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