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Elternzeit: Kein Sonderkündigungsschutz bei Beantragung per Fax oder E-Mail

Bundesarbeitsgericht vom 10. Mai 2016 – 9 AZR 145/15

Sachverhalt

Vor dem BAG wurde über die Frage gestritten, ob sich eine Arbeitnehmerin, die die Elternzeit per Fax beantragt hatte, auf den Sonderkündigungsschutz berufen kann, der in der Elternzeit besteht. Die Klägerin, eine Rechtsanwaltsfachangestellte, hatte ihren Antrag auf Elternzeit für zwei Jahre per Fax eingereicht. Die Beklagte, eine Rechtsanwaltskanzlei, kündigte das Arbeitsverhältnis während der vermeintlichen Elternzeit. Im Kündigungsrechtsstreit berief sich die Klägerin auf den Sonderkündigungsschutz nach § 18 Abs. 1 Satz 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG). Danach kann ein Arbeitgeber bei einem wirksamen Antrag auf Elternzeit das Arbeitsverhältnis ab diesem Zeitpunkt nicht mehr kündigen.



Entscheidung

Die Vorinstanzen gaben der Klägerin Recht und ließen die Beantragung der Elternzeit per Fax zur Begründung des Sonderkündigungsschutzes genügen. Das Hessische Landesarbeitsgericht argumentiert z. B., dass der Begriff „schriftlich“ in § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG, der die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Elternzeit regelt, nicht die gesetzliche Schriftform im Sinne der §§ 125, 126 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) meint. Dies sah das BAG jedoch anders. Danach genügt eine Beantragung der Elternzeit per Fax nicht. Nach Ansicht des Gerichts erfordert das Elternzeitverlangen die Einhaltung der strengen Schriftform im Sinne von § 126 BGB. Daher muss der Antrag auf Elternzeit eigenhändig durch Namensunterschrift des Antragstellers oder mittels notariell beglaubigtem Handzeichen unterzeichnet sein. Ein Fax oder eine E-Mail wahrt diese Schriftform nicht und führt zur Nichtigkeit der Erklärung.

Konsequenzen für die Praxis

Mit diesem Urteil stellt das BAG klar, dass Voraussetzung für einen wirksamen Elternzeitantrag das Eingehen eines handschriftlich unterzeichneten Antrags im Original ist. Bei einem Antrag per Fax oder per E-Mail erhält der Arbeitgeber keine Originalunterschrift, sondern nur eine Kopie des Antrags. Der Antrag mit Originalnamensunterschrift verleibt beim Arbeitnehmer. Dies genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht. Vor dem Hintergrund, dass der Arbeitnehmer während der Elternzeit einen besonderen Kündigungsschutz erhält und die Inanspruchnahme der Elternzeit keiner Zustimmung des Arbeitgebers bedarf, erscheinen die hohen Anforderungen an die Schriftform nachvollziehbar.



Praxistipp

Aus Arbeitgebersicht dient das vorgenannte Urteil der Rechtssicherheit. Eine Beantragung der Elternzeit per Fax oder E-Mail führt zur Nichtigkeit des Antrags. Sollte der Arbeitnehmer trotz nichtiger Beantragung nicht zur Arbeit erscheinen, stellt dies ein unentschuldigtes Fehlen bzw. ein pflichtwidriges Fernbleiben dar. Dies kann eine Kündigung nach sich ziehen. Wahren Arbeitnehmer bei der Beantragung der Elternzeit nicht das strenge Schriftformerfordernis der Originalnamensunterschrift, können sie sich damit nicht nur nicht auf den Sonderkündigungsschutz berufen, sondern riskieren darüber hinaus sogar ihr Arbeitsverhältnis.

Bei Fragen zum Thema, kontaktieren Sie bitte: Dr. Michaela Felisiak

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Aktuelles Arbeitsrecht Elternzeit Sonderkündigungsschutz Strenge Schriftform § 126 BGB