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Bundesnetzagentur verneint Anspruch auf untertägige Kapazitätsbuchung

Die Bundesnetzagentur hat im Rahmen eines Besonderen Missbrauchsverfahrens nach § 31 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) entschieden, dass ein Anspruch auf Buchung untertägiger Kapazität nicht bestehe.1

1. Sachverhalt

Die Trianel GmbH (Trianel) hatte von der Open Grid Europe GmbH (OGE) um 17.03 Uhr verlangt, an einem Ausspeisepunkt für den laufenden Gastag noch feste frei zuordenbare Kapazität buchen zu dürfen. Der betreffende Ausspeisepunkt war kein Kopplungspunkt nach dem Netzkodex Kapazitätszuweisung2. OGE wies diesen Wunsch unter Hinweis darauf zurück, dass Trianel die Kapazität bis um 18.00 Uhr am Vortag als Day-Ahead-Kapazität hätte buchen müssen. Zuvor hatte Trianel bereits erfolglos versucht, die Kapazität über die Buchungsplattform der PRISMA European Capacity Platform GmbH zu buchen.

2. Entscheidung der Bundesnetzagentur

Die Bundesnetzagentur wies den Antrag der Trianel zurück, wobei sie weitestgehend dem Vorbringen von OGE folgte. Nach Auffassung der Bundesnetzagentur besteht kein dahingehender Netzzugangsanspruch der Trianel nach § 20 Abs. 1 Satz 1 EnWG. Zunächst sah es die Bundesnetzagentur als fraglich an, ob es sich bei der Notwendigkeit, untertägige Kapazitätsprodukte anzubieten, überhaupt um „Kriterien“ nach § 20 Abs. 1 Satz 1 EnWG handelt.

Dies konnte die Bundesnetzagentur letztendlich jedoch offen lassen, da sie – ungeachtet der Frage – keinen Anspruch der Trianel nach § 20 Abs. 1 Satz 1 EnWG erkennen konnte. § 20 Abs. 1 Satz 1 EnWG werde „durch den gesetzlichen regulatorischen Rahmen für die Bedingungen des Netzzugangs“ konkretisiert. Hierzu gehörten unter anderem die Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV) und die Erdgaszugangsverordnung3 einschließlich des hierauf beruhenden Netzkodex Kapazitätszuweisung. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 GasNZV seien die Fernleitungsnetzbetreiber jedoch nur dazu verpflichtet, feste und unterbrechbare Kapazitäten auf Jahres-, Monats-, Quartals- und Tagesbasis anzubieten. Das Angebot weiterer Kapazitätsprodukte stelle § 11 GasNZV den

Fernleitungsnetzbetreibern lediglich frei, verpflichte sie hierzu aber nicht. Ebenso wenig sei der Netzkodex Kapazitätszuweisung anwendbar, da dieser die Fernleitungsnetzbetreiber nur dazu anhalte, an Kopplungspunkten auch untertägige Standardkapazitätsprodukte anzubieten.

Auch wenn § 20 Abs. 1 Satz 1 EnWG § 11 Abs. 1 Satz 1 GasNZV als nachrangiges Verordnungsrecht vorgehe, bleibe es dabei, dass § 11 Abs. 1 Satz 1 GasNZV die gesetzliche Regelung abschließend konkretisiere.

Der Umstand, dass die Fernleitungsnetzbetreiber zwar an Kopplungspunkten, nicht aber an sonstigen Ein- und Ausspeisepunkten dazu verpflichtet sind, untertägige Kapazitätsprodukte anzubieten, führe auch zu keiner Diskriminierung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 EnWG. Diese Unterscheidung sei wegen der dahingehenden Beschränkung in dem Netzkodex Kapazitätszuweisung bereits europarechtlich festgelegt, sodass es sich hierbei nicht um eine nach § 20 Abs. 1 Satz 1 EnWG untersagte Diskriminierung handeln könne. In diesem Zusammenhang wollte die Bundesnetzagentur auch nicht der Argumentation der Trianel folgen, die Beschränkung in dem Netzkodex Kapazitätszuweisung beruhe auf einer insoweit eingeschränkten Zuständigkeit des europäischen Gesetzgebers.

Nicht zuletzt verstößt OGE nach Auffassung der Bundesnetzagentur auch nicht gegen das Netzzugangsgebot nach den §§ 20 Abs. 2 Satz 1, 20 Abs. 1 Satz 1 EnWG. Dies ergebe sich gleichermaßen aus dem Umstand, dass OGE gesetzlich nicht verpflichtet sei, untertätige Kapazitätsprodukte einschränkungslos anzubieten.

Dabei betont die Bundesnetzagentur, dass es in dem betreffenden Verfahren nicht darauf ankomme, „ob und in welchem Rahmen ein Angebot untertägiger Kapazitäten wirtschaftspolitisch sinnvoll wäre. Dies zu untersuchen bleibt ggf. einer Weiterentwicklung des gesetzlichen regulatorischen Rahmens vorbehalten.

3. Fazit

Die Entscheidung der Bundesnetzagentur ist rechtlich nachvollziehbar, wenngleich sie insbesondere für Kraftwerks- und Gasspeicherbetreiber unbefriedigend ist. Dennoch hat die Bundesnetzagentur hier zu Recht streng zwischen dem derzeitigen und dem – zukünftigen – gesetzlichen Rahmen unterschieden, der wirtschaftspolitisch sinnvoll wäre. Es bleibt abzuwarten, ob das OLG Düsseldorf die Bundesnetzagentur bestätigen wird. Trianel hat den Beschluss der Bundesnetzagentur mit der Beschwerde angegriffen, sodass die Frage noch nicht abschließend geklärt ist.

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, wenden Sie sich bitte an Herrn Dr. Reinald Günther.

1 Bundesnetzagentur, Beschluss vom 23. August 2016, Az. BK7-16-099.

2 Verordnung (EU) Nr. 984/2013 der Kommission vom 14. Oktober 2013 zur Festlegung eines Netzkodex über Mechanismen für die Kapazitätszuweisung in Fernleitungsnetzen und zur Ergänzung der Verordnung (EG) Nr. 715/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates; siehe dort Art. 3 Nr. 10 sowie Art. 8 Abs. 4, 9 Abs. 1 und 15.

3 Verordnung (EG) Nr. 715/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Bedingungen für den Zugang zu den Erdgasfernleistungsnetzen und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1775/2005.

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