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Auswirkungen der Erbschaftsteuerreform auf Stiftungen

Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, BGBl. I 2016, 2464

Das neue Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz („ErbStG”) dient vor allem dem Zweck, die Besteuerung des Erwerbs von unternehmerischem Vermögen auf eine verfassungskonforme Grundlage zu stellen. Stiftungen waren zwar nicht unmittelbar Gegenstand der Reform, gleichwohl hat sie mittelbar weitreichende Auswirkungen auf Stiftungen. Als Folge der Reform dürfte sich insbesondere die Attraktivität von Familienstiftungen erhöhen, wie sich im Folgenden zeigt: Eine wesentliche Neuerung des neuen ErbStG besteht darin, dass die Voraussetzungen für die Anwendung der für Erwerbe von begünstigtem Vermögen i. S. v. § 13b ErbStG (u. a. inländisches Betriebsvermögen, Anteile an Kapitalgesellschaften) geltenden Verschonungsregeln verschärft wurden. Das neue Gesetz sieht zwar – wie bisher – eine Regelverschonung von 85 Prozent des begünstigten Vermögens und auf Antrag eine Optionsverschonung von 100 Prozent vor; die Verschonungsregelungen sind jedoch nur noch dann uneingeschränkt anwendbar, wenn der Wert des begünstigten Vermögens EUR 26 Millionen nicht übersteigt (§ 13a Abs. 1 ErbStG). Maßgebend ist dabei der Erwerb durch den einzelnen Steuerpflichtigen, wobei alle Erwerbe der letzten zehn Jahre zusammen zu zählen sind. Bei darüber hinausgehenden Erwerben schmilzt der Verschonungsprozentsatz um jeweils einen Prozentpunkt je volle EUR 750.000 ab (§ 13c Abs. 1 ErbStG). Insofern kann bei einem die Wertgrenze übersteigenden begünstigten Vermögen mit der künstlichen Schaffung zusätzlicher Erwerber, z. B. durch die Errichtung einer oder auch mehrerer Familienstiftungen, die Voraussetzung für die unbeschränkte Anwendung der Verschonungsregeln geschaffen werden.

Mit Blick auf Familienstiftungen auch interessant ist der Abschlag für den Erwerb von Anteilen an Familienunternehmen (§ 13a Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 ErbStG). Der Wertabschlag kann bis zu 30 Prozent betragen, wenn der Gesellschaftsvertrag des Unternehmens bestimmte Beschränkungen enthält. Der Abschlag erfolgt vor Anwendung des Verschonungsabschlags von 85 Prozent bzw. 100 Prozent und wird daher auch als „Vorab-Abschlag” bezeichnet. Dieser setzt u. a. voraus, dass die Verfügung über die Anteile der Gesellschaft auf Mitgesellschafter, auf Angehörige i. S. v. § 15 Abgabenordnung („AO”; z. B. Ehegatten, Lebenspartner oder Geschwister) oder auf eine Familienstiftung i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG beschränkt ist. Hierin liegt ein vor der Reform des ErbStG nicht vorhandener Anreiz, an einer Familiengesellschaft auch eine Familienstiftung zu beteiligen und dieser Anteile an der Gesellschaft zuzuwenden. Für gemeinnützige Stiftungen gilt nach dem Wortlaut des Gesetzes dieser Vorab-Abschlag hingegen nicht. Die Beteiligung einer steuerbefreiten Stiftung an einem solchen Familienunternehmen dürfte sogar dem Abschlag entgegenstehen.

Der gezielte Einsatz einer Familienstiftung kommt auch bei der Beantragung eines Steuererlasses gemäß § 28a Abs. 1 Satz 1 ErbStG in Betracht. Nach der neuen Vorschrift ist bei einem Erwerb erbschaftsteuerbegünstigten Vermögens von über EUR 26 Millionen die auf das begünstigte Vermögen entfallende Steuer auf Antrag des Erwerbers zu erlassen, soweit er nachweist, dass er persönlich nicht in der Lage ist, die Steuer aus seinem verfügbaren Vermögen zu begleichen (Verschonungsbedarfsprüfung). Als „verfügbares Vermögen” gelten 50 Prozent des vom Erwerber miterworbenen sowie beim Erwerber schon vorhandenen, nicht begünstigten Vermögens (§ 28a Abs. 2 ErbStG). Insofern kann sich die Übertragung von Vermögen auf eine neu gegründete „arme” Familienstiftung lohnen. Mit der Errichtung einer Familienstiftung und der anschließenden Vermögensübertragung auf diese können also gezielt die Voraussetzungen für einen Erlass geschaffen werden. Die herrschende Meinung sieht hierin keinen Gestaltungsmissbrauch i. S. v. § 42 AO. Zu beachten ist allerdings, dass der Erlass unter der auflösenden Bedingung steht, dass die Stiftung innerhalb von zehn Jahren ab der Zuwendung kein weiteres nicht begünstigtes Vermögen erwirbt (§ 28a Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ErbStG; gleichgültig ist, ob der Erwerb von derselben oder einer anderen Person stammt).

Schließlich dürfte der allgemeine Befund, dass sich durch die Reform des ErbStG die Bedingungen für die Übertragung großer Vermögen verschlechtert haben, auch den gemeinnützigen Stiftungen bzw. der Errichtung von solchen zugutekommen, da sie eine Möglichkeit bieten, Vermögen erbschaft- bzw. schenkungsteuerfrei zu übertragen.

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, wenden Sie sich bitte an die Herren Dr. Gerrit Ponath und Dr. Klaus Zimmermann.

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Dr. Gerrit Ponath T   +49 69 756095-111 E   Gerrit.Ponath@advant-beiten.com
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