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"Kopftuch reloaded" – BAG entscheidet über Verbot religiöser Zeichen an Arbeitsplätzen in Privatunternehmen

München, 28. Januar 2019 – Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entscheidet am Mittwoch, den 30. Januar 2019 zur Frage, ob die Weisung einer Arbeitgeberin (Drogeriemarktunternehmen) gegenüber einer Verkaufsberaterin und Kassiererin, ohne Kopftuch am Arbeitsplatz zu erscheinen, wirksam ist. Es besteht eine Kleiderordnung, nach der unter anderem religiöse Zeichen und Kopfbedeckungen aller Art bei Kundenkontakt nicht getragen werden dürfen.

Das Bundesarbeitsgericht hat einen ähnlich gelagerten Fall (ebenfalls privates Unternehmen) im Jahr 2002 zugunsten einer Arbeitnehmerin entschieden, inzwischen gibt es jedoch aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahr 2017 zu diesem Thema. "Im Kern stehen sich die Religionsfreiheit der Arbeitnehmerin und die unternehmerische Freiheit des Arbeitgebers gegenüber, seinen Betrieb religionsneutral zu organisieren", sagt Wolfgang Lipinski, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner der internationalen Wirtschaftskanzlei BEITEN BURKHARDT. "Man darf gespannt sein, wie sich das BAG positioniert, vor allem auch deshalb, weil der Fall eine gesellschaftspolitische Dimension hat", so der Experte weiter.

Die Arbeitgeberin hat sich im Verfahren auch darauf berufen, dass sie wegen konkreter Erfahrungen Unfrieden zwischen Mitarbeitern unterschiedlicher Konfessionen mit dem Gebot verhindern wolle. Außerdem wolle sie gegenüber den Kunden neutral auftreten. Nach einer Entscheidung des EuGH aus dem Jahr 2017 (C-157/15) kann eine solche Neutralitätsregelung rechtmäßig sein. Die Vorinstanz hatte den EuGH-Fall aber als nicht vergleichbar angesehen, weil er im Dienstleistungssektor spielte. In diesem habe die (Nicht-) Akzeptanz der Kunden gegenüber religiösen Zeichen ein viel höheres Gewicht als im Einzelhandel. Für wirtschaftliche Nachteile der Arbeitgeberin würden außerdem keine konkreten Anhaltspunkte vorliegen. Die Weisung verletze die Arbeitnehmerin in ihrem Grundrecht auf Religionsfreiheit, dem im konkreten Fall der Vorzug zu geben sei.

"Es ist zu erwarten, dass der BAG-Entscheidung eine Signalwirkung zukommt, obwohl immer jeder Einzelfall gesondert geprüft werden muss". Darauf weist Lipinski besonders hin: "Das zeigen zwei Entscheidungen des EuGH aus dem Jahr 2017 vom selben Tag: Hier hat das Gericht in zwei unterschiedlichen Kopftuch-Fällen auch unterschiedlich entschieden. Die Mittel zur Erreichung des legitimen Ziels der Neutralität müssen im Einzelfall immer 'angemessen' und 'erforderlich' sein. Ob dies so ist, muss von den jeweiligen nationalen Gerichten entschieden werden", betont Lipinski. In der angesprochenen weiteren Entscheidung des EuGH (C-188/15) hatte das Gericht dem Willen des Arbeitgebers eine Absage erteilt, den Wünschen eines Kunden zu entsprechen, der Leistungen nicht von einer Mitarbeiterin mit Kopftuch ausführen lassen wollte.

Dr. Wolfgang Lipinski steht für weitere Informationen, Statements und Gastbeiträge gerne zur Verfügung.

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Presse & Öffentlichkeitsarbeit Arbeitsrecht
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