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Verschärfung von Wettbewerbsrecht und AGB-Recht, künftig Millionenbußgelder: EU-„Omnibus-“Richtlinie in Kraft

Am 7. Januar 2020 ist die sogenannte „Omnibus-“Richtlinie in Kraft getreten (Richtlinie (EU) 2019/2161). Damit werden Verbraucherschutz und das Recht des unlauteren Wettbewerbs verschärft. Dieser Beitrag stellt eine Auswahl besonders relevanter Neuerungen dar.

Neben inhaltlichen Änderungen ist vor allem relevant, dass künftig hohe Geldbußen verhängt werden können, die den Sanktionen nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) durchaus ähnlich sind. Die Verwendung unzulässiger Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und unlauterer Wettbewerb können so künftig deutlich größere Risiken nach sich ziehen. Dies ist ein radikaler Systemwandel. Bisher haben viele Unternehmen wegen eines nur geringen Risikos Rechtsverletzungen in Kauf genommen. Hier muss ein Umdenken stattfinden, AGB-Werke und Werbestrategien sind grundlegend zu überarbeiten. Dies stellt einen erheblichen Aufwand für Unternehmen im B2C-Bereich dar.

Die Mitgliedsstaaten müssen bis zum 28. November 2021 diese Richtlinie umsetzen. Die neuen Vorschriften sind dann ab 28. Mai 2022 anzuwenden.

1. AGB-Recht

Die Mitgliedstaaten müssen Sanktionen vorsehen, wenn Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) genutzt werden, die Verbraucher unangemessen benachteiligen. Diese Sanktionen müssen „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ sein. Eine Terminologie, wie sie aus der DSGVO bekannt ist.

Erhebliche Sanktionen drohen insbesondere bei grenzüberschreitenden Verletzungen von EU-Verbraucherschutzrecht: Die Richtlinie sieht hierzu Geldbußen mit einem Höchstbetrag von mindestens 4% des Jahresumsatzes des Unternehmens in den betroffenen Mitgliedsstaaten vor, wenn europäische Verbraucherschutzbehörden gegen einen Verstoß gegen EU-Verbraucherschutzrecht in mehreren Mitgliedsstaaten vorgehen (sogenannte „koordinierte Aktion“). Stehen keine Informationen zum Jahresumsatz zur Verfügung, soll der Höchstbetrag einer Geldbuße mindestens EUR 2 Mio. betragen.

2. Unlautere Geschäftspraktiken

Künftig stellt es eine unzulässige irreführende Handlung dar, wenn faktisch unterschiedliche Produkte als identische Produkte vermarktet werden. Weiterhin werden die wesentlichen Informationen, die ein Unternehmer zur Verfügung stellen muss, erweitert: So sind künftig unter anderem Zahlungs- und Lieferbedingungen anzugeben. Ebenso muss offengelegt werden, ob ein Drittverkäufer auf Online-Marktplätzen Unternehmer ist oder nicht. Können Verbraucher über eine Suchfunktion nach Produkten suchen, die von verschiedenen Unternehmern oder auch Verbrauchern angeboten werden – wie beispielsweise auf eBay – sind die Verbraucher über die wesentlichen Mechanismen für das Ranking der Suchergebnisse zu informieren. Diese Informationen sind an einer leicht zugänglichen Stelle den Verbrauchern unmittelbar zur Verfügung zu stellen.

Bei Produktbewertungen muss der Unternehmer darüber informieren, ob und wie er sicherstellt, dass diese Bewertungen auch tatsächlich von Verbrauchern stammen, die die Produkte tatsächlich verwendet oder erworben haben.

Verbraucher, die durch unlautere Geschäftspraktiken geschädigt wurden, sollen nun eigene Rechtsschutzmöglichkeiten erhalten. Ebenso müssen die Mitgliedsstaaten auch hier Sanktionen für Zuwiderhandlungen vorsehen – einschließlich der bereits oben genannten Geldbußen bis zu einem Höchstbetrag von mindestens 4% des Jahresumsatzes im betroffenen Mitgliedsstaat oder mindestens EUR 2 Mio.

Auch wird die sogenannte „Blacklist“ unzulässiger geschäftlicher Handlungen erweitert. So muss u.a. nun bei Online-Suchmaschinen offengelegt werden, wenn das Ranking im Suchergebnis durch bezahlte Werbung oder andere Zahlungen verändert wurde. Behauptet ein Unternehmen ungeprüft, Produktbewertungen stammten von Verbrauchern, die das Produkt tatsächlich verwendet oder erworben haben, ist dies ebenso unlauter wie die Abgabe oder Beauftragung gefälschter Verbraucherbewertungen und falsche Darstellung von Verbraucherbewertungen in Sozialen Medien.

3. Verbraucherrechte

Diese bisherige Verbraucherrechte-Richtlinie gilt nun auch für Verträge über digitale Inhalte (die nicht auf einem Datenträger gespeichert sind) und digitale Dienstleistungen, wenn der Verbraucher dem Unternehmer hierfür personenbezogene Daten zur Verfügung stellt und der Unternehmer diese Daten nicht allein für rechtliche Anforderungen nach dieser Richtlinie benötigt und verarbeitet.

Weiterhin müssen Unternehmer bei Fernabsatzverträgen nun u.a. umfangreichere Kontaktinformationen vorsehen und darauf hinweisen, wenn der Preis eines Produkts auf „Grundlage einer automatisierten Entscheidungsfindung personalisiert worden ist“.

Für Verträge, die auf Online-Marktplätzen geschlossen werden, gelten zusätzlich einige besondere Informationspflichten. Eingeführt werden auch Regelungen zum Umgang mit Daten von Verbrauchern im Falle eines Widerrufs.

Besondere Beachtung sollten Unternehmen auf ihre Widerrufsbelehrung richten, wenn sie beim Angebot digitaler Inhalte (nicht auf Datenträgern) weiterhin die Möglichkeit nutzen wollen, die Widerrufsfrist zu verkürzen: Auch hierzu wurden die Regelungen im Detail geändert. Hier ist das Augenmerk insbesondere auf eine exakte Formulierung zu richten.

Zudem sollten Unternehmen, die die sogenannte Muster-Widerrufsbelehrung verwenden, diese überprüfen lassen: Auch hier gibt es Änderungen.

Auch im Rahmen dieser Änderung der Verbraucherrechte-Richtlinie sollen Sanktionen wie zu den anderen Richtlinien vorgesehen werden (Geldbußen bis zu einem Höchstbetrag von mindestens 4% des Jahresumsatzes oder ggf. mangels Informationen mindestens EUR 2 Mio.).

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, wenden Sie sich gerne an Dr. Florian Jäkel-Gottmann.


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