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Steuerrecht: Mögliche Reform der Grunderwerbsteuer für Share Deals

Einleitung

Es ist in Berlin beschlossene Sache, die grunderwerbsteuerliche Behandlung von sog. Share Deals zu reformieren.

Nach dem derzeit geltenden Grunderwerbsteuerrecht können Geschäftsanteile an grundstücksbesitzende Kapitalgesellschaften vollständig ohne Grunderwerbsteuerbelastung übertragen werden, solange anschließend niemand mindestens 95 Prozent der Geschäftsanteile unmittelbar oder mittelbar innehat. Bei grundstücksbesitzenden Personengesellschaften ist dagegen bereits heute vorrangig der unmittelbare oder mittelbare Übergang von mindestens 95 Prozent der Anteile am Gesellschaftsvermögen innerhalb von fünf Jahren auf Neugesellschafter grunderwerbsteuerbar. Werden nach Ablauf von fünf Jahren die restlichen Anteile am Gesellschaftsvermögen hinzuerworben, ergibt sich aufgrund personenbezogener Begünstigungen im Ergebnis nur in Bezug auf die hinzuerworbene Anteilsquote (z. B. 5,1 Prozent) eine Grunderwerbsteuerbelastung.

Bereits im Jahre 2016 beauftragte die Finanzministerkonferenz eine Arbeitsgruppe, die sich mit Steuergestaltungen bei der Grunderwerbsteuer durch sog. Share Deals beschäftigte.

Im Koalitionsvertrag haben CDU/CSU und SPD ausdrücklich vereinbart, eine neue Regelung zu finden, „um missbräuchliche Steuergestaltungen bei der Grunderwerbsteuer mittels Share Deals zu beenden“.

Die von den Bundesländern Hessen und Nordrhein-Westfalen initiierte Arbeitsgruppe hat nunmehr am 18. April 2018 ihren Schlussbericht der Finanzministerkonferenz vorgelegt. Auf der Grundlage der von der Arbeitsgruppe erarbeiteten grunderwerbsteuerlichen Maßnahmen haben die Länderfinanzminister am 21. Juni 2018 beschlossen, welche dieser erarbeiteten Maßnahmen in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden sollen. Die Finanzministerkonferenz hat den Bund und die Länder um kurzfristige Erarbeitung von Gesetzestexten und den zuständigen Bundesfinanzminister Scholz um deren Einbringung in das Gesetzgebungsverfahren gebeten.

Von den Länderministerien vorgeschlagene Maßnahmen zur Einschränkung sog. Share Deals bei der Grunderwerbsteuer

  1. Absenkung der maßgeblichen Beteiligungsquote von 95 auf 90 Prozent.
  2. Verlängerung der maßgeblichen Fristen von fünf auf zehn Jahre.
  3. Einführung eines Ergänzungstatbestandes, der den Wechsel im Anteilseignerbestand einer Kapitalgesellschaft erfasst (§ 1 Abs. 2 b) Grunderwerbsteuergesetz-Entwurf).
  4. Verlängerung der sog. Vorbehaltsfrist im § 6 Grunderwerbsteuergesetz auf 15 Jahre.

Im Einzelnen

1. Absenkung der maßgeblichen Beteiligungsquote von 95 auf 90 Prozent

Die relevante Beteiligungshöhe wird bei sämtlichen Ergänzungstatbeständen von mindestens 95 Prozent auf mindestens 90 Prozent der Anteile abgesenkt. Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer bleibt jedoch der gesamte Grundbesitzwert. Dieser Vorschlag bleibt weit hinter den in der Vergangenheit kursierenden Befürchtungen zurück. Grund dafür sind verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Absenkung auf 75 Prozent oder sogar 50 Prozent.

2. Verlängerung der Fristen von fünf auf zehn Jahre

Die Fünfjahresfristen in den entsprechenden Vorschriften sollen auf zehn Jahre verlängert werden. Bisher waren Share Deals derart ausgestaltet, dass in einem ersten Schritt 94,9 Prozent der Anteile am Vermögen einer Personengesellschaft auf einen neuen Gesellschafter übergegangen sind und erst nach Ablauf von fünf Jahren die restlichen 5,1 Prozent auf den neuen Gesellschafter übertragen wurden.

3. Einführung eines Ergänzungstatbestandes, der den Wechsel im Anteilseignerbestand einer Kapitalgesellschaft erfasst

Es soll für Kapitalgesellschaften eine Regelung geschaffen werden, die vergleichbar ist mit der bisherigen Regelung bei Personengesellschaften. Jedoch sollen die personenbezogenen Steuervergünstigungen für Kapitalgesellschaften nicht gelten.

Sofern es zu einem grunderwerbsteuerschädlichen unmittelbaren oder mittelbaren Gesellschafterwechsel bei der Kapitalgesellschaft kommt, ist aufgrund der vorgenannten Fiktion Steuerschuldnerin der Grunderwerbsteuer die Kapitalgesellschaft. Auch in diesem Falle wird fingiert, dass das Grundstück auf eine neue Kapitalgesellschaft übergeht, wenn sich der Gesellschafterbestand um mindestens 90 Prozent geändert hat.

Die Bewertungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer soll der Grundbesitzwert des Grundstücks sein. Ob ein grunderwerbsteuerlicher Gesellschafterwechsel vorliegt, richtet sich nach dem Zivilrecht. Es muss also eine sog. dingliche Geschäftsanteilsübertragung auf einen bisher nicht beteiligten Dritten vorliegen.

An dieser Stelle sei auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur ertragssteuerlichen Behandlung der Grunderwerbsteuer bei Kommanditgesellschaften verwiesen. Danach ist die Grunderwerbsteuer, die bei einem Share Deal anfällt, zu 100 Prozent sofort von der grundstücksbesitzenden Kommanditgesellschaft als Betriebsausgabe steuerlich abzugsfähig. Es bleibt abzuwarten, inwieweit diese Rechtsprechung auf grundstücksbesitzende Kapitalgesellschaften übertragbar ist.

Daher muss zukünftig ein Alt-Gesellschafter im nennenswerten Umfang an der grundstücksbesitzenden Kapitalgesellschaft beteiligt bleiben. Ein Erwerb sämtlicher Geschäftsanteile durch einen Investor und einen Co-Investor (sog. Club-Deal) ist zukünftig nicht mehr möglich.

Allerdings könnte sich diese Regelung für grundstücksbesitzende Kapitalgesellschaften auch als vorteilhaft erweisen: Anders als bisher, könnte der Mehrheitsgesellschafter nach Ablauf von zehn Jahren die Minderheitsbeteiligung von 10,1 Prozent erwerben, ohne hierdurch in voller Höhe Grunderwerbsteuer auszulösen. Dies setzt allerdings voraus, dass der Gesetzgeber eine dem § 6 Grunderwerbsteuergesetz vergleichbare Regelung auch für den neuen Ergänzungstatbestand schafft.

Übergangsregelungen

Leider enthält weder der Schlussbericht der Arbeitsgruppe noch der Beschluss der Länderfinanzminister vom 21. Juni 2018 Ausführungen zu den zeitlichen Übergangsregelungen.

Es muss daher der erste Gesetzesentwurf bzw. der Referentenentwurf abgewartet werden, um zu sehen, wie die Übergangsregelungen aussehen.

Wünschenswert wäre es, wenn die in der Vergangenheit getätigten Dispositionen geschützt werden. Es ist z. B. zu befürchten, dass die Verlängerung der Haltefrist von fünf auf zehn Jahre bereits auch schon auflaufende Fünfjahreszeiträume angewendet werden kann. Es bleibt weiter zu hoffen, dass bis zum Zeitpunkt der Einreichung des Gesetzesentwurfs beim Bundestag die alten Regelungen noch anwendbar sind. Ob diese Hoffnung erfüllt wird, ist aber im Hinblick auf die klaren und eindeutigen Ausführungen im Koalitionsvertrag („Steuerumgehung“, „Missbrauch“ etc.) mehr als fraglich. Den grundstücksbesitzenden Personen- und Kapitalgesellschaften ist daher dringend zu raten, bei jetzt anstehenden Vertragsabschlüssen die Anwendungsungewissheit in den vertraglichen Regelungen zu berücksichtigen.

Sobald uns der erste Referentenentwurf bekannt wird, werden wir Sie selbstverständlich über die aktuellen Entwicklungen informieren.

Gerne steht Ihnen Volker Szpak bei Fragen zur Verfügung.

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