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Patent- und Technologierecht: Begrenzung des Technologierisikos: Neues beim Schutz von Know-how

Das Coca-Cola-Logo und die Flaschenform sind weltbekannt. Die Rezeptur hingegen ist bestgehütetes Geheimnis der Herstellerin. Know-how und Geschäftsgeheimnisse können bei effizienter Geheimhaltung den Unternehmenswert maßgeblich beeinflussen und sind oft die Wurzel hieraus hervorgehender Registerschutzrechte, bsp. Patente.

Das Technologierisiko kann in solchen Fällen sehr hoch sein. Entsprechend wichtig ist es, im Rahmen der Investitionskriterien die zum Schutz von Know-how bestehenden Maßnahmen einzubeziehen. Für Gründer ist es daher unerlässlich, den Kern ihrer Geschäftsidee zu schützen. Als potentieller Investor kann auch auf die Verbesserung oder sogar Ersterarbeitung entsprechender Maßnahmen hingewirkt werden. Was ist zu tun?

Seit gut einem Jahr ist die europäische Geschäftsgeheimnis-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2016/943) in Kraft. Sie muss bis Juni 2018 in nationales Recht umgesetzt werden. Die Richtlinie definiert ein Geschäftsgeheimnis mit drei Kriterien. Die entsprechenden Informationen müssen:

  1. geheim sein;
  2. von kommerziellem Wert sein, weil sie geheim sind; und
  3. Gegenstand angemessener Geheimhaltungsmaßnahmen sein.

Es ist von Vorteil, das eigene Know-how unter Einhaltung dieser Anforderungen zu bewahren. Die - noch in deutsches Recht umzusetzende - Geschäftsgeheimnis-Richtlinie sieht vor, dass die Geschäftsgeheimnisse, die die genannten Kriterien erfüllen besonderen Schutz erhalten. So kann u. a. für die rechtswidrige Nutzung oder Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses eine Entschädigung und zukünftige Unterlassung verlangt werden. Diese Rechtsfolgen sind nicht neu. Die bisherige Regelung nach deutschem Recht in §§ 17, 18 UWG ist ähnlich strukturiert.

Neu ist, dass ein Geschäftsgeheimnis nach der EU-Richtlinie „angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen“fordert. In einer rechtlichen Auseinandersetzung wird ein Inhaber von Know-how also nachweisen müssen, welche konkreten Maßnahmen er zum Schutz dieser wichtigen Informationen ergriffen hat.

Aus praktischer Sicht stellt sich die Frage, wie hoch die Hürden dieser angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen angesetzt werden und wie zur Ausarbeitung von betrieblichen Schutzmaßnahmen vorzugehen ist. Hierzu bieten sich folgende gedankliche und zu verschriftlichende Eckpunkte an:

a) Welche betrieblichen Informationen sind relevantes geheimes Know-how?

Es ist zu klären, in welchen Bereichen überhaupt schutzwürdige Informationen vorhanden sind. Zumeist wird die Suche in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung - dem Nucleus eines produktbezogenen Start-ups - beginnen. Darüber hinaus sollten zumindest Produktion, Vertrieb und der nachgelagerte technische Service einbezogen werden. Bei dienstleistungsbezogenen Start-ups kann relevantes Know-how in (eventuell nicht sichtbaren Teilen) der Öffentlichkeitspräsentation liegen, so bsp. bei software-implementierter ortsbezogener Konkretisierung eines Online-Angebots.

b) Welche Personen haben Zugang zu diesen Informationen und wer entscheidet hierüber?

Die Mitarbeiter einer Forschungs- und Entwicklungsabteilung sind unmittelbar befasst. Aber auch Werksstudenten oder Praktikanten wird in der Praxis regelmäßig Zugang gewährt. Neben der Identifikation der Know-how-Träger ist auch einen Identifikation der jeweiligen disziplinarisch Vorgesetzten notwendig, um eine Koordination und Steuerung zu ermöglichen.

c) Wie können die Informationen angemessen geschützt werden?

Ein angemessener Schutz orientiert sich am Wert der Information. Es besteht eine Wechselwirkung, die im Ergebnis auch zur vollständigen Verweigerung des Zugangs führen kann. So ist nachvollziehbar, dass die Rezeptur von Coca-Cola nie in die Hände eines Praktikanten gelangen darf. Ebenso sollte mit strategisch wichtigem Know-how verfahren werden. Wenn ein Foto oder eine CAD-Zeichnung des neuen Prototyps aus PR-Zwecken im firmeneigenen Blog gezeigt oder bei einer offenen Investorenrunde an die Wand geworfen wird, kann der Know-how-Charakter bereits unwiederbringlich verloren sein. Daher sind die Verhältnisse zu Mitarbeitern und (potentiellen) Geschäftspartnern bereits vor Offenbarung von Know-how vertraglich zu regeln. Die IT-Architektur muss, bsp. durch interne Zugriffsbeschränkungen auf Server, eine entsprechende reale Organisation von Arbeitsabläufen in digitaler Form abbilden. Eine Überwachung von Zugriffen kann in späteren Auseinandersetzungen entscheidenden Vorteil bringen, ist aber im Verhältnis zur Unternehmenskultur abzuwägen. Bei der konkreten Entwicklung von Geheimnisschutzmaßnahmen sind - ausgehend von dem Wert der Information - der jeweilige Aufwand und der hierdurch erzielbare Sicherheitsgewinn abzuwägen.

Im Bereich Know-how-Schutz waren präventive Maßnahmen schon immer unerlässlich. Einmal weitergegebenes Wissen kann nicht wieder aus den Köpfen getilgt werden. Ein auch in Zukunft erfolgreicher Know-how-Schutz muss eine einzelfallbezogene Auseinandersetzung und die Entwicklung und Dokumentation konkreter Maßnahmen umfassen.

Christian H. Werkmeister, LL.M.
(Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz)