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Neues zur Betriebsratsvergütung

Bundesarbeitsgericht vom 21. Februar 2018 – 7 AZR 496/16

Voraussetzung für den Anspruch eines Betriebsratsmitglieds auf Anpassung seiner Vergütung ist nicht, dass die Mehrheit der relevanten Vergleichsgruppe eine Gehaltserhöhung erhält. Bei zeitgleichen Gehaltserhöhungen ist zwischen Tarifangestellten und OT-Angestellten keine Durchschnittsbetrachtung vorzunehmen.

Sachverhalt

Der Mitarbeiter begehrt die Anpassung seiner Vergütung nach § 37 Absatz 4 BetrVG. Er hatte zunächst regelmäßig als Ersatzmitglied an Betriebsratssitzungen teilgenommen, bevor er dem Betriebsrat als ordentliches Mitglied angehörte. Die Bemessung seines Arbeitsentgelts hält er für unzutreffend, weil er im Verhältnis zu vergleichbaren Arbeitnehmern in geringerem Umfang an Gehaltserhöhungen partizipiert habe. Das Anpassungsverfahren der Arbeitgeberin sah eine – durchschnittliche – Gehaltsanpassung für Betriebsratsmitglieder erst vor, wenn die Mehrzahl der Vergleichspersonen im jährlichen Betrachtungszeitraum eine Gehaltserhöhung erhalten hatte.

Die Entscheidung

Bei der Vergütung von Betriebsratsmitgliedern ist das in § 37 Absatz 4 BetrVG geregelte Benachteiligungsverbot zu beachten. Danach darf das Arbeitsentgelt von Betriebsratsmitgliedern (einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit) nicht geringer bemessen werden als das vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Folglich sind auch Gehaltserhöhungen zu gewähren, die das Betriebsratsmitglied ohne sein Mandat erhalten hätte. Das BAG bestätigt zunächst seine bisherige Rechtsprechung zur Durchschnittsbetrachtung bei kleineren Vergleichsgruppen. Bei der Ermittlung der Erhöhung müsse für jede Vergleichsperson der prozentuale Anteil individueller Lohnerhöhungen berechnet werden. Das Ausgangsgehalt des Betriebsratsmitglieds sei um den durchschnittlichen Prozentsatz der gewährten Gehaltssteigerungen zu erhöhen. Das Neue an der Entscheidung ist: Befinden sich in der Vergleichsgruppe Tarifangestellte und übertariflich vergütete OT-Angestellte und fallen deren Gehaltserhöhungen unterschiedlich aus, ist zwischen diesen keine Durchschnittsbetrachtung anzustellen; es ist vielmehr maßgeblich, ob das Betriebsratsmitglied Tarif- oder OT-Angestellter wäre. Voraussetzung für einen Anspruch des Betriebsratsmitglieds sei nicht, dass die Mehrzahl der vergleichbaren Arbeitnehmer in einem bestimmten Zeitraum eine Gehaltserhöhung erhalten habe. Mit Blick auf den Bemessungszeitraum sei bei vorherigen Einsätzen als Ersatzmitglied zudem nicht auf den Anfangszeitpunkt einer nachfolgenden Vollmitgliedschaft abzustellen; vielmehr müsse der gesamte Zeitraum beginnend mit dem erstmaligen Nachrücken berücksichtigt werden, sofern bei Beachtung des maßgeblichen Jahres-Zeitraums zwischen den jeweilige Einsätzen ein durchgängiger betriebsverfassungsrechtlicher Schutz bestanden habe.

Konsequenzen für die Praxis

Das BAG hat für Arbeitgeber gute und schlechte Nachrichten. Zwar hat es einer möglichen Umgehung des Anpassungsanspruchs durch eine Rotation mit jährlich wechselnden Gehaltserhöhungen innerhalb der Vergleichsgruppe eine Absage erteilt, da eine Gehaltsanpassung gegenüber einem Betriebsratsmitglied auch dann vorzunehmen ist, wenn die Mehrzahl der vergleichbaren Arbeitnehmer keine Gehaltserhöhung erhalten hat. Jedoch können Betriebsratsmitglieder keine (durchschnittliche) Partizipation an Tariferhöhungen verlangen, der eine Durchschnittsbetrachtung von Tarifangestellten und OT-Angestellten zu Grunde gelegt wird. Vielmehr ist auf die Gehaltsentwicklung entsprechend dem jeweiligen Status abzustellen. Fallstricke können sich bei der konkreten Berechnung der Anpassung ergeben, insbesondere in zeitlicher Hinsicht. Etwaige Einsätze als Ersatzmitglied sind dabei im Blick zu behalten. Auf den ersten Einsatz als Ersatzmitglied ist dann abzustellen, wenn bis zur Vollmitgliedschaft ein durchgängiger betriebsverfassungsrechtlicher Schutz bestanden hat. Voraussetzung hierfür ist, dass die einzelnen Einsatzzeiten jeweils über den einjährigen nachwirkenden Schutz verklammert sind. Um eine Ungleichbehandlung des Betriebsratsmitglieds auszuschließen, sollten Arbeitgeber bei kleinen Vergleichsgruppen zudem alle vergleichbaren Arbeitnehmer in die Durchschnittsbetrachtung einbeziehen.

  • Praxistipp

    Gerichtliche Auseinandersetzungen über die Betriebsratsvergütung sind zeit- sowie kostenintensiv und belasten die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Daher ist zu empfehlen, im Hinblick auf Gehaltsanpassungen ein sinnvolles Maß an Transparenz zu wahren und die Betriebsratsmitglieder insbesondere über die zu Grunde gelegte Zusammensetzung der jeweils relevanten Vergleichsgruppe zu informieren. Dies kann darüber hinaus ein vertrauensvolles Miteinander mit dem Betriebsrat fördern.

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, wenden Sie sich gerne an Benjamin Butz.

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Arbeitsrecht Betriebsrat Vergütung Tarifvertrag BAG