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„Leise rieselt der Schnee, still und starr ruht…“ das Arbeitsverhältnis

„Alle Jahre wieder, kommt…“ der Winter. Anfang 2019 kam der Winter sogar richtig heftig. „Oh Du fröhliche…“ und „Lasst uns froh und munter sein…“ bedeutet dies für Kinder beim Schlitten- und Skifahren. Arbeitgeber denken sich hingegen „Ihr Mitarbeiter kommet, oh kommet doch all…“, und sie kommen aufgrund der winterlichen Bedingungen nicht alle zur Arbeit, jedenfalls nicht pünktlich.

In Süddeutschland und in Österreich herrschte und herrscht ein „Schneechaos“. In den Nachrichten war von gesperrten Autobahnen, der höchsten Lawinenstufe, eingeschneiten Urlauber auf Skihütten, von der Außenwelt abgeschnittene Ortschaften, spiegelglatte Straßen, Streichung von Flügen und Ausfall von Zugverbindungen zu lesen und zu hören. Nicht alle Arbeitnehmer haben es rechtzeitig aus dem Urlaub wieder nach Hause geschafft. Viele Arbeitnehmer haben es nicht oder nicht rechtzeitig nach den Weihnachtsferien zurück an den Arbeitsplatz geschafft. Was gilt arbeitsrechtlich, wenn Arbeitnehmer wegen den winterlichen Bedingungen zu spät oder gar nicht zur Arbeit erscheint?

Grundsatz: Arbeitnehmer trägt das Wegerisiko

Arbeitnehmer tragen das „Wegerisiko“. Arbeitnehmer haben selbst dafür zu sorgen und die Kosten dafür zu tragen, dass sie rechtzeitig zu Arbeitsbeginn am Arbeitsort eintreffen. Arbeitnehmer müssen mögliche und zumutbare Vorkehrungen treffen, um eine Verspätung am Arbeitsplatz aufgrund winterlicher Bedingungen wie Schneefall oder Schneeglätte zu vermeiden. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Wintereinbruch, die Schneefälle oder die Eisglätte mindestens 24 Stunden vor dem Arbeitsbeginn bekannt sind. Arbeitnehmern ist in diesem Zusammenhang zuzumuten, morgens früher loszufahren, um die wahrscheinlichen Behinderungen im Straßenverkehr zeitlich auszugleichen. Zumutbar ist sicher auch der Umstieg von den öffentlichen Verkehrsmitteln auf das Auto und umgekehrt. Es wurde jedoch entschieden, dass Arbeitnehmer nicht verpflichtet sind, in einem arbeitsplatznahen Hotel zu übernachten, um den Dienst pünktlich antreten zu können.

Lohnausfall oder Nacharbeit

Erscheinen Arbeitnehmer aufgrund winterlicher Bedingungen, Straßensperren wegen Schneefall, Eisglätte oder umgestürzter Bäume („Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum…“) oder sonstigen Gründen aus Eis und Schnee nicht rechtzeitig oder gar nicht am Arbeitsplatz, darf der Arbeitgeber den Lohn kürzen oder die versäumte Zeit nacharbeiten lassen. Im Arbeitsrecht gilt der Grundsatz „Kein Lohn ohne Arbeit“. Dies bedeutet, dass die Vergütung nur dann (als Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers) zu gewähren ist, wenn auch der Arbeitnehmer seine Hauptleistungspflicht, die Erbringung der Arbeitsleistung erfüllt. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz, wie bei der Krankheit oder Entgeltfortzahlung oder dem Urlaub besteht in diesen Fällen nicht. § 616 BGB, der bei vorübergehender Verhinderung aus persönlichen Gründen eine weitere Ausnahme von dem Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“ schafft, ist nicht anwendbar. Verspätungen aufgrund heftiger Schneefälle oder eisglatten Straßen sind eben kein in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund. Der Arbeitgeber ist berechtigt, für die Zeit der Nichtleistung die Vergütung zu kürzen. Der Arbeitgeber ist auch berechtigt, die versäumte Zeit nacharbeiten zu lassen. In der Regel muss die versäumte Zeit jedoch nicht am selben Tag nachgearbeitet werden. Insbesondere dann nicht, wenn der Arbeitnehmer Gründe für einen pünktlichen Feierabend (Kinderbetreuung etc.) nennt.

Abmahnung und Kündigung

Das Nichterscheinen oder verspätete Erscheinen am Arbeitsplatz ist eine Pflichtverletzung. Diese Pflichtverletzung kann grundsätzlich arbeitsrechtlich durch Abmahnung und Kündigung sanktioniert werden. Die Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen jedoch in jedem Fall ausreichend berücksichtigt werden. Eine Abmahnung oder Kündigung kommt dann nicht in Betracht, wenn der Wintereinbruch überraschend oder überraschend stark ausgefallen ist, wenn die Verspätung aufgrund nicht zu erwartender umgestürzter Bäume oder Verkehrsunfälle verstärkt wurde. Eine Abmahnung oder eine Kündigung kommt jedoch dann in Betracht, wenn Arbeitnehmer trotz rechtzeitig angekündigter starker Schneefälle, schlechter winterlicher Bedingungen, Streichung von Flug- und Zugverbindungen nichts unternehmen, um rechtzeitig bei der Arbeit zu erscheinen, insbesondere nicht früher zu Hause losfahren oder alternative Verkehrsverbindungen in Anspruch nehmen.

Bei der Pflichtverletzung ist auch zu berücksichtigen, wenn Arbeitnehmer trotz angekündigtem Schneechaos und Problemen im Straßenverkehr in den Winterurlaub aufbrechen und nicht rechtzeitig zurückkommen. Dann tragen Arbeitnehmer – jedenfalls ein Teil-Verschulden.

Kommen Sie gut durch den Winter!

Sie haben Fragen zu diesem Thema? Wenden Sie sich gerne an Dr. Erik Schmid.

Hinweis: Dieser Blog-Beitrag ist bereits im arbeitsrechtlichen Blog von Dr. Erik Schmid im HJR-Verlag erschienen.

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Schneechaos Winter Wegerisiko Eis und Schnee und Arbeitsplatz Verspätung Nacharbeit

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