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Auch freiwillige Auskünfte müssen richtig sein

Auch freiwillige Auskünfte müssen richtig sein

Bundesarbeitsgericht vom 18. Februar 2020 – 3 AZR 206/18

Den Arbeitgeber trifft zwar keine allgemeine Pflicht, die Vermögensinteressen des Arbeitnehmers wahrzunehmen. Erteilt er jedoch Auskünfte, ohne hierzu verpflichtet zu sein, müssen diese richtig, eindeutig und vollständig sein. Andernfalls haftet der Arbeitgeber für den Schaden, der dem Arbeitnehmer aus der Falschinformation entsteht. Eine Haftung setzt aber voraus, dass überhaupt über einen Themenkomplex informiert wurde.

Sachverhalt

Im April 2003 nahm der Kläger an einer Betriebsversammlung teil, auf der ein Fachberater der örtlichen Sparkasse die Arbeitnehmer über Chancen und Möglichkeiten der Entgeltumwandlung als Vorsorge über die Pensionskasse informierte. Der Mitarbeiter schloss im September 2003 eine Entgeltumwandlungsvereinbarung mit Kapitalwahlrecht ab. Anfang 2015 ließ er sich seine Pensionskassenrente als Einmalkapitalbetrag auszahlen. Für diesen muss der Arbeitnehmer aufgrund einer Gesetzesänderung im Jahr 2003 (Gesetzesentwurf vom 23. September 2003) Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung entrichten. Mit seiner Klage möchte er im Wege des Schadensersatzes die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge vom Arbeitgeber (für 2015 und 2016 gezahlte Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 1.253,00 EUR) sowie die gerichtliche Feststellung künftiger Erstattung.

Die Entscheidung

Das BAG entschied, dass der Arbeitgeber keinen Schadenersatz zu leisten hat. Das Unternehmen hatte im Rahmen der Betriebsversammlung mögliche Beitragspflichten zur Sozialversicherung überhaupt nicht angesprochen. Wäre dies der Fall gewesen, hätte die Information vollständig, richtig und eindeutig sein müssen. Vom Grundsatz her ist ein Arbeitnehmer verpflichtet, sich um seine Vermögensverhältnisse und somit auch um die Auswirkungen der Entgeltumwandlung selbst zu kümmern. Sämtliche Informationen, die der Arbeitgeber durch den Fachberater der Sparkasse den Mitarbeitern hat zukommen lassen, waren jedoch richtig.

Ein Schadensersatzanspruch hätte laut BAG vorausgesetzt, dass der Arbeitgeber konkret über diejenigen Sachverhalte informiert, die sich durch die damals noch geplante Gesetzesänderung zu Lasten des Arbeitnehmers geändert haben. Dies traf aber vorliegend nicht zu, da Beitragspflichten nicht Gegenstand der Information waren. Offengelassen hat das BAG daher, ob überhaupt eine Pflicht besteht, über bis zum Abschluss der Entgeltumwandlungsvereinbarung erfolgte Gesetzesänderungen zu informieren.

Konsequenzen für die Praxis

Zu begrüßen ist, dass das Urteil klarstellt, dass der Arbeitgeber nicht der Vermögensberater des Arbeitnehmers ist, sondern der Mitarbeiter sich grundsätzlich selbst informieren und extern beraten lassen muss. Wenn der Arbeitgeber jedoch über die betriebliche Altersvorsorge informiert, muss dies sachlich richtig und vollständig sein.

Praxistipp

Auch wenn das BAG im vorliegenden Fall eine Haftung des Unternehmens verneint hat, weil die Beitragspflicht explizit nicht Thema war, dürfte die Grenze in der Praxis fließend sein. Arbeitgeber sollten daher sorgfältig abwägen, ob sie Arbeitnehmern Auskünfte erteilen, zu denen sie nicht verpflichtet sind. Werden solche Auskünfte erteilt, ist darauf zu achten, dass sie einer nachträglichen Überprüfung standhalten und bei Einschaltung eines Dritten dieser sorgfältig ausgewählt wird.

Dr. Anja Branz