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Beharrliches Pfandflaschensammeln während der Arbeitszeit rechtfertigt fristlose Kündigung

Bundesarbeitsgericht vom 23. August 2018 – 2 AZR 235/18

Ein Arbeitnehmer, der trotz eines Verbots und vorheriger Abmahnungen weiterhin während der Arbeitszeit Pfandgut sammelt, verletzt seine arbeitsvertraglichen Pflichten; ihm kann außerordentlich gekündigt werden.

Sachverhalt

Eine Reinigungskraft, die auf einem Flughafengelände beschäftigt war, sammelte wiederholt Pfandflaschen während der Arbeitszeit, obwohl ihr dies laut Informationsschreiben des Arbeitgebers untersagt war. Sie erhielt deshalb bereits 2011 eine Kündigung, wurde im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs jedoch weiterbeschäftigt. Das Sammelverbot wurde nochmals ausdrücklich bekräftigt. Hieran hielt sich die Reinigungskraft gleichwohl über Monate hinweg nicht, wofür sie erfolglos abgemahnt wurde. Der Arbeitgeber kündigte schließlich fristlos. Dagegen klagte die Arbeitnehmerin.

Die Entscheidung

Das BAG gab - wie schon beide Vorinstanzen - dem Arbeitgeber Recht. Dieser hatte nach Auffassung des Gerichts ein berechtigtes Interesse an dem Verbot und konnte das Sammeln von Pfandflaschen während der Arbeitszeit im Rahmen seines Direktionsrechts wirksam untersagen. Das Verhalten der Reinigungskraft stellte deshalb eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung dar. Da diese beharrlich erfolgte, war die fristlose Kündigung gerechtfertigt. Denn ein Arbeitnehmer muss während der Arbeitszeit seine volle Arbeitskraft zur Verfügung stellen. Tut er dies nicht, kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber dadurch finanziell geschädigt wird. Bereits die beharrliche Weigerung, sich an ein wirksames Verbot zu halten, ist "an sich" ein Grund für eine fristlose Kündigung. Lässt sich der Arbeitnehmer auch von mehreren Abmahnungen nicht beeindrucken, kann die Weiterbeschäftigung für den Arbeitgeber unzumutbar werden.

Konsequenzen für die Praxis

Anders als oftmals angenommen, setzt eine fristlose Kündigung weder ein strafbares Verhalten des Arbeitnehmers noch einen finanziellen Schaden beim Arbeitgeber voraus. Es genügen im Einzelfall bereits vermeintlich harmlose Verhaltensweisen, wenn diese wiederholt, entgegen einem wirksamen Verbot und während der Arbeitszeit stattfinden. Entscheidend ist der hiermit verbundene Vertrauensbruch. Das BAG bekräftigt den Grundsatz, dass Zweck einer fristlosen Kündigung nicht die Sanktionierung eines pflichtwidrigen Verhaltens ist, sondern die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen des Arbeitsverhältnisses.

Praxistipp

Arbeitgeber sollten unerwünschtes Verhalten von Mitarbeitern während der Arbeitszeit durch rechtssicher dokumentierte Anweisungen unterbinden und im Falle von Verstößen jeweils abmahnen. Dies verbessert die Chancen, dass eine außerordentliche Kündigung wegen beharrlicher Missachtung der Weisung einer rechtlichen Überprüfung standhält. Arbeitnehmern, die einem Verbot des Arbeitgebers beharrlich zuwiderhandeln, muss bewusst sein: Sie selbst tragen das Risiko, dass sich das Verbot des Arbeitgebers als wirksam erweist.

Fragen dazu beantwortet Ihnen Julia Wendel gerne.

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Arbeitsrecht