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Vergaberechtsreform 2016 – Inhouse-Geschäfte und Interkommunale Kooperationen

In § 108 GWB sind unter dem Oberbegriff der „öffentlich-öffentlichen Zusammenarbeit“ erstmals die in der Rechtsprechung entwickelten Rechtsinstitute der „Inhouse-Vergabe“ und der „horizontalen Kooperation“ kodifiziert, welche von der Anwendung des Vergaberechts ausgenommen sind. Im Rahmen der gesetzgeberisch verfolgten Eins-zu-eins-Umsetzung der neuen EU-Vergaberichtlinien und in Einklang mit der Rechtsprechung liegt gemäß § 108 Abs. 1 Nr. 1 - 3 GWB ein vergaberechtsfreies Inhouse-Geschäft weiterhin vor, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Der öffentliche Auftraggeber muss über das zu beauftragende Unternehmen eine Kontrolle ausüben wie über eine eigene Dienststelle („Kontrollkriterium“).



  1. Das zu beauftragende Unternehmen muss seine Tätigkeit im Wesentlichen für den öffentlichen Auftraggeber verrichten, der seine Anteile innehat („Wesentlichkeitskriterium“).



  1. Kein Privater darf am Kapital des zu beauftragenden Unternehmens beteiligt sein.



Eine wichtige Konkretisierung des vom EuGH entwickelten Wesentlichkeitskriteriums findet sich in § 108 Abs. 1 Nr. 2 GWB: Nach der bisherigen strengen Linie des EuGH durfte das Inhouse-Unternehmen nur in sehr begrenztem, rein nebensächlichem Umfang für dritte Auftraggeber tätig werden, wobei eine Fremdauftragsquote bis zu 10 Prozent für zulässig erachtet wurde (EuGH, Urteil vom 19.04.2007 – C-295/05 – „Asemfo“). Durch die Ausdehnung der zulässigen Fremdauftragsquote auf 20 Prozent wird der Gestaltungsspielraum der öffentlichen Auftraggeber erheblich erweitert.

Rechtssicherheit schafft § 108 Abs. 3 GWB dabei auch für weitere, bislang umstrittene Konstellationen. So sind künftig Inhouse-Beauftragungen von öffentlichen Auftraggebern sowohl durch deren Tochtergesellschaften als auch zwischen Schwesterunternehmen weitgehend zulässig. Zudem schärft § 108 Abs. 4, Abs. 5 GWB die Konturen für eine gemeinsame Beherrschung durch mehrere öffentliche Auftraggeber.

Die Voraussetzungen für eine – vergaberechtsfreie – horizontale Kooperation zwischen zwei oder mehreren öffentlichen Auftraggebern sind in § 108 Abs. 6 GWB in Anlehnung an die Rechtsprechung des EuGH kodifiziert worden. Die Ausnahmebestimmung betrifft (ausschließlich) Kooperationen auf vertraglicher Grundlage zur gemeinsamen Erbringung von öffentlichen Aufgaben.

Bei Fragen zum Thema, kontaktieren Sie bitte: Sascha Opheys

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