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Vergaberechtsreform 2016 – Änderung bestehender Aufträge

Im Anschluss an die wegweisende „Pressetext“-Entscheidung des EuGH (Urteil vom 19.06.2008 – C-454/06) haben sich auch die nationalen Nachprüfungsinstanzen regelmäßig mit der praxisrelevanten Frage befasst, wann die Änderung eines bestehenden Vertrags eine erneute Pflicht zur Ausschreibung nach sich zieht. In Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung definiert § 132 Abs. 1 GWB die „wesentliche Auftragsänderung“ als einen Vorgang, der dazu führt, dass sich der öffentliche Auftrag erheblich von dem ursprünglich vergebenen Auftrag unterscheidet. Dies ist nach den in § 132 Abs. 1 GWB genannten Fallgruppen der Fall, wenn die Änderung:

  • Bedingungen einführt, die die Zulassung anderer als der ursprünglich zugelassenen Bieter oder die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebots ermöglicht hätten;
  • den Auftrag in großem Umfang auf ursprünglich nicht vorgesehene Leistungen erweitert oder
  • das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrags in einer im ursprünglichen Auftrag nicht vorgesehenen Weise zu Gunsten des Auftragnehmers ändert.



Zudem ist auch der Austausch des Auftragnehmers eine wesentliche Änderung, wenn dies nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 4 GWB ausnahmsweise zulässig ist.

Um diesen unbestimmten Fallgruppen eine Kontur zu geben und zusätzliche Rechtssicherheit zu schaffen, werden diese Fallgruppen in § 132 Abs. 2 - 5 GWB durch einen ausführlichen Rechtsrahmen präzisiert. Das „Herzstück“ der Vorschrift liegt in den Absätzen 2 und 3. Sie bestimmen unbeschadet von Absatz 1, unter welchen Bedingungen keine erneute Ausschreibung erforderlich ist. Eine Ausschreibung entfällt nach § 132 Abs. 2 und Abs. 3 GWB, wenn;

  • die Auftragsänderung in den ursprünglichen Vergabeunterlagen angelegt ist, etwa in Form von klaren und präzisen Überprüfungsklauseln oder Optionen (§ 132 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GWB)
  • ein Wechsel des Auftragnehmers aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen nicht erfolgen kann und mit erheblichen Schwierigkeiten oder beträchtlichen Zusatzkosten verbunden wäre (§ 132 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GWB);
  • der Auftraggeber die Auftragsänderung im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht nicht vorhersehen konnte (§ 132 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GWB);
  • der Wert der Änderung die europäischen Schwellenwerte nicht überschreitet und zudem nicht mehr als 10 Prozent des ursprünglichen Auftragswerts bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen bzw. 15 Prozent bei Bauaufträgen beträgt (§ 132 Abs. 3 GWB).



Die beiden letzten Absätze des § 132 GWB regeln verschiedene Details zur Berechnung der Wertgrenzen und normieren Transparenzpflichten.

Bei Fragen zum Thema, kontaktieren Sie bitte: Sascha Opheys

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