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Unwirksamkeit einer Festpreisklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. Juli 2017 –VII ZR 259/16

Sachverhalt Die Klägerin ist ein Bauunternehmen, das Restwerklohn für Erd-, Mauer- und Betonarbeiten verlangt. Die Parteien schlossen im September 2013 einen Einheitspreisvertrag unter Einbeziehung der VOB/B. Dieser Vertrag enthielt folgende Klausel: „Die dem Angebot des Auftragnehmers zugrunde liegenden Preise sind grundsätzlich Festpreise und blieben für die gesamte Vertragsdauer verbindlich.” Im Laufe der Baudurchführung stellte sich heraus, dass es zu Mehr- und Mindermengen gegenüber den im Leistungsverzeichnis enthaltenden Mengen gekommen war. Die Klägerin errechnete unter Berufung auf § 2 Abs. 3 VOB/B einen Mehrvergütungsanspruch aufgrund angepasster Preise, soweit Mengenmehrungen von mehr als 10 Prozent betroffen waren.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf als Berufungsgericht wies die Klage in diesem Punkt ab, da durch die vorstehend zitierte Festpreisklausel die Regelung des § 2 Abs. 3 VOB/B ausgeschlossen worden sei. Die Klägerin verfolgte ihren Vergütungsanspruch mit der Revision weiter.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an dieses zurückverwiesen. Der BGH ist der Auffassung, dass die im Vertrag enthaltende Festpreisregelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 307 BGB unwirksam ist. Nach dieser Vorschrift ist eine Klausel dann unwirksam, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligt. Bei der Prüfung der unangemessenen Benachteiligung ist die kundenfeindlichste Auslegung zugrunde zu legen, wenn diese zur Unwirksamkeit der Klausel führt. Es kommt nicht darauf an, ob diese Auslegung die naheliegende und allen Interessen am besten gerecht werdende Auslegung ist.

Der Bundesgerichtshof legt die vorstehende Klausel so aus, dass dadurch jegliche Preisanpassungen – nicht nur eine Anpassung nach § 2 Abs. 3 VOB/B – ausgeschlossen worden seien. Von dem Ausschluss einer Preisanpassung seien daher auch Fälle des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) umfasst. Das Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage soll allerdings gerade in den Fällen eine Preisanpassung ermöglichen, in denen einer Partei das Festhalten am ursprünglichen Vertragspreis unzumutbar ist. Eine Klausel, die ein Festhalten am vereinbarten Preis vorsieht, obwohl dieser für eine Partei unzumutbar geworden ist, benachteiligt diese Partei jedoch unangemessen. Daher ist die Klausel bei dieser kundenfeindlichsten Auslegung unwirksam.

Folge einer unwirksamen AGB-Klausel ist regelmäßig, dass dann die gesetzliche Regelung gilt. Jedoch hat der BGH hier entschieden, dass dennoch § 2 Abs. 3 VOB/B anwendbar sei. Denn erstens könnte sich der Auftraggeber als Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht auf die Unwirksamkeit von allgemeinen Geschäftsbedingungen berufen und zweitens begünstige § 2 Abs. 3 VOB/B hier im konkreten Fall den Auftragnehmer, sodass ihm aus der Unwirksamkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen keine Nachteile erwachsen dürfen.

Da das Berufungsgericht über die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 VOB/B keine Feststellungen getroffen hatte, hat der BGH den Rechtsstreit an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Konsequenzen für die Praxis

Der BGH hat durch diese Entscheidung klargestellt, dass durch Festpreisklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen das Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht ausgeschlossen werden darf. Die Klausel darf nicht einmal den Anschein erwecken, als sei dieser Anpassungsmechanismus ausgeschlossen. Eine isolierte Abbedingung des § 2 Abs. 3 VOB/B wäre bei korrekter Formulierung der Vertragsklausel aber durchaus möglich gewesen. Denn § 2 Abs. 3 VOB/B ist als Teil der standardisierten Allgemeinen Geschäftsbedingungen VOB/B, die kein Gesetz sind, für die Parteien dispositiv. Auftraggeber sollten daher ihre Musterverträge überprüfen, ob eine Anpassung etwaig enthaltender Festpreisklauseln erforderlich ist. Bauunternehmer hingegen können überprüfen, ob ein Mehrvergütungsanspruch nicht doch durchsetzbar ist, obwohl dieser nach dem Vertrag zunächst ausgeschlossen erscheint.

Praxistipp

Die Entscheidung des BGH verdeutlicht, dass das Prinzip der kundenfeindlichsten Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen erhebliche Gefahren birgt. Klauseln können schon dann unwirksam sein, wenn die Klausel möglicherweise zu weit ausgelegt werden kann und Fälle betreffen könnte, die der Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei der Abfassung des Vertrages gar nicht bedacht hatte. Daher sollten Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen so präzise formuliert werden, dass der zu regelnde Gegenstand zutreffend geregelt, jedoch eine Übertragbarkeit auf andere Fälle ausgeschlossen ist.

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben. kontaktieren Sie bitte Herrn Thomas Herten.

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