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Roboterrecht – realistische Zukunftsmusik?

Ein Interview mit BEITEN BURKHARDT Partner Dr. Andreas Lober

Das jüngst erschienene Buch „Comparative handbook: robotic tech­nologies law" zeigt in einem Ländervergleich den jeweiligen Status quo im Bereich Roboterrecht. Sie sind Autor des deutschen Kapitels. Wie definieren Sie Roboterrecht bzw. was versteht man darunter? Das Wort „Roboter“ wurde ursprünglich insbesondere für humanoi­de Roboter verwendet, inzwischen für vielerlei komplexe technische Geräte. Entsprechend unterschiedlich ist die Definition eines Roboters von Land zu Land. Im Industriebereich redet man von universell einsetzbaren Bewe­gungsautomaten mit mehreren Achsen, deren Bewegungen frei programmierbar und gegebenenfalls sensorgeführt sind. Rechtlich sind besonders autonom agierende Maschinen aller Art (Produktionsroboter, Autos, etc.) spannend, aber natürlich auch Drohnen.

Eine der zentralen Fragen beim Einsatz von Robotern ist die der Haf­tung. Wie ist diese geregelt und welche zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen haben die neuen Systeme? Das derzeitige System stößt an seine Grenzen. Ursachen- und Ver­schuldensbeiträge sind jetzt schon schwierig zu ermitteln. Mit stei­gender Autonomie wird es gänzlich unmöglich.

Das deutsche Recht unterscheidet nach natürlichen und juristischen Personen. Welchen Status hat ein Roboter und kann dieser über­haupt eine Rechtspersönlichkeit sein? Momentan ist ein Roboter ein Ding und hat keine Rechte. Das dürfte sich künftig ändern. Viele Experten plädieren dafür, Robotern eine Rechtspersönlichkeit zu geben, so dass sie Rechte und Pflichten haben können. Das Vorbild dazu könnte das GmbH-Recht sein. Die Frage ist vor allem relevant für Roboter, die autonom agieren kön­nen, also selbst „Entscheidungen fällen" und nach Kategorien wie Gut und Böse handeln.

Auch Versicherungen spielen hier möglicherweise zukünftig eine große Rolle. Entsteht hier ein ganz neuer Markt? Sicherlich. Schon jetzt gibt es ja Spezialversicherer, unter anderem für IT.

Der technische Fortschritt schreitet immer weiter fort. Können die sich daraus ergebenen gesellschaftlichen Entwicklungen überhaupt gesetzlich geregelt werden? Technischer Fortschritt und gesellschaftlicher Wandel gehen Hand in Hand. Das Recht muss dem Rechnung tragen. Der Ge­setzgebungsprozess ist dafür teilweise notwendig, aber oft zu langsam. Vieles entwickelt sich in der Diskussion zwischen Wissen­schaft, Praxis und Rechtsprechung. Teilweise muss aber auch für moralische Fragen ein Konsens ge­funden werden. Denken Sie an autonomes Fahren. Wenn das Auto beispielsweise in der folgenden Situation eine Entscheidung zu treffen hat: Zwei betrunkene Fußgänger torkeln auf die Straße. Auf der einen Straßenseite sind Bäume, auf der anderen ist Gegenverkehr und eine scharfe Bremsung hat einen Auffahrunfall zur Folge. Das Auto kann also das Leben der beiden Fußgänger nur retten, wenn es das Leben des Fahrers gefährdet – wie soll es entscheiden?

Auch die Frage des Datenschutzes ist in diesem Zusammenhang von zentraler Bedeutung. Werden Nutzer von Robotern zukünftig noch „gläserner", indem beispielsweise automatisch Bewegungsprofile beim Einsatz autonomer Fahrtechnik erstellt werden? Welche Rechtsfragen treten hier auf? Die automatische Erstellung von Bewegungsprofilen ist nur ein Beispiel, auch sonst werden eingesetzte Roboter vielfach personenbezogene Daten ihrer Nutzer sowie unbeteiligter Dritter verarbeiten. Denken Sie beispielsweise an Serviceroboter, die alten Menschen im Haushalt helfen, oder an Drohnen, die Pakete ausliefern. Ohne die Erfassung und Verwendung einer Vielzahl persönlicher Details und Daten ist das nicht effizient zu bewerkstelligen. Momentan ist das deutsche und europäische Datenschutzrecht sehr restriktiv und mit der EU-Datenschutzreform wird das im Prinzip nicht anders: Die Verarbeitung personenbezogener Daten unterliegt dem sog. Verbot mit Erlaubnisvorbehalt – solche Daten können also nur verarbeitet werden, wenn die Betroffenen eingewilligt haben oder eine gesetzliche Erlaubnis vorliegt. Damit schützt der Gesetzgeber die Nutzer auch vor sich selbst, ob sie wollen oder nicht. Die Amerikaner etwa haben einen sehr viel flexibleren und damit auch wirtschaftsfreundlicheren Ansatz, dort sind die Daten in erster Linie ein Wirtschaftsgut. Bei allem Verständnis für die wichtigen Anliegen des Datenschutzes müssen wir hier Kompromisse finden, um nicht von der Entwicklung abgehängt zu werden.

Roboter jedweder Art sind lernfähige Maschinen, die sich ständig weiterentwickeln können. Stichwort Geistiges Eigentum – kann man auch dies per Gesetz regeln? Rechte des geistigen Eigentums am Roboter – Patente, Urheberrechte, usw. – sind schon jetzt geschützt. Das „Dateneigentum" am Roboter sollte ggf. vertraglich geregelt werden. Die spannende Frage ist aber: Kann ein Roboter selbst patentierbare Erfindungen machen oder, einem Künstler gleich, urheberrechtlich schutzfähige Werke erstellen? Hier ist der Gesetzgeber gefordert.

Eine letzte Frage: Wann steht der erste Roboter vor Gericht? Wenn ich eine Prognose wagen sollte: in spätestens 15 Jahren.

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