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Reform der Grunderwerbsteuer für Share Deals – Finanzministerkonferenz erarbeitet Vorschläge

Die Finanzministerkonferenz hat sich am 1. Dezember 2016 mit einer möglichen Grunderwerbsteuerreform befasst. Unter dem Motto „Grunderwerbsteuer – Millionenschwere Streuertricksereien bekämpfen" möchte man unter dem Vorsitz Hessens eine Reform der Grunderwerbsteuer im Hinblick auf Share Deals herbeiführen.

Das Thema ist seit längerem auf der politischen Agenda. Im September 2016 schließlich hat die Finanzministerkonferenz beschlossen, dass die Länder hierzu gemeinsam Lösungsvorschläge erarbeiten sollen. Im März 2017 soll ein Zwischenbericht und im Oktober ein Abschlussbericht vorliegen.

Gegenwärtige Rechtslage

Das Reformanliegen zielt auf Transaktionen, in denen nicht Grundstücke selbst (im Wege des Asset Deals), sondern stattdessen Anteile an grundbesitzenden Gesellschaften übertragen werden. Nach dem geltenden Recht fällt Grunderwerbsteuer grundsätzlich auch in diesen Fällen an – obwohl der Eigentümer an den betreffenden Grundstücken identisch bleibt. Dabei gelten unterschiedliche Prinzipien je nachdem, ob der Grundbesitz von einer Personengesellschaft (z. B. Kommanditgesellschaft) oder von einer Kapitalgesellschaft (z. B. GmbH) gehalten wird:

  • Die Übertragung der Anteile an grundbesitzenden Personengesellschaften ist vereinfacht gesagt grunderwerbsteuerfrei, wenn innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren weniger als 95 Prozent der Anteile am Gesellschaftsvermögen rechtlich oder wirtschaftlich auf neue Gesellschafter übertragen werden.
  • Die Übertragung der Anteile an grundbesitzenden Kapitalgesellschaften ist grunderwerbsteuerfrei, wenn weniger als 95 Prozent der Anteile rechtlich oder wirtschaftlich auf einen neuen Gesellschafter oder auf eine Gruppe verbundener Gesellschafter übertragen (bzw. in einer Hand vereinigt) werden.



Mit anderen Worten: Werden weniger als 95 Prozent übertragen, so kann der Anfall von Grunderwerbsteuer vermieden werden.

Diese Gestaltungsoption des geltenden Rechts ist historisch gewachsen und systematisch begründet, eine entsprechende Gestaltung ist somit keine Trickserei, sondern vollkommen legitim: Die Grunderwerbsteuer als Verkehrsteuer besteuert nicht die Übertragung von Anteilen, sondern von Grundbesitz. Die Einbeziehung bestimmter Anteilsübertragungen in die Liste der steuerbaren Tatbestände dient der Vermeidung von Steuerumgehungen. Der Share Deal wird also nur als Ersatz-Tatbestand erfasst. Dabei werden der oder die Erwerber von 95 Prozent der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft so gestellt, als hätten er oder sie das Grundstück selbst erworben. Dass dabei nicht auf 100 Prozent, sondern auf 95 Prozent abgestellt wird, soll der Vermeidung von Gestaltungen dienen, in denen lediglich ein sog. Zwerganteil zurück behalten wird. Nach der Systematik des geltenden Rechts stellen mehr als 5 Prozent keinen „schädlichen” Zwerganteil dar.

Die Anhebung der Grunderwerbsteuer-Hebesätze durch die Bundesländer von einheitlich 3,5 Prozent noch im Jahr 2010 auf nunmehr teilweise bis zu 6,5 Prozent hat dazu beigetragen, dass der grunderwerbsteuerneutrale Share Deal immer attraktiver geworden ist. Natürlich ist es ungerecht, dass der private Hauskäufer diese Möglichkeit nicht hat; dessen grunderwerbsteuerliche Belastung würde aber auch durch das Reformvorhaben nicht sinken.

Die letzte gesetzliche Änderung in Bezug auf die grunderwerbsteuerliche Behandlung von Anteilsübertragungen liegt noch nicht lange zurück: Im Jahr 2013 wurde § 1 Abs. 3a GrEStG neu in das Grunderwerbsteuergesetz eingefügt, mit dem Ziel, nicht nur die rechtliche Anteilsübertragung zu erfassen, sondern auch solche Tatbestände, in denen 95 Prozent oder mehr der Anteile wirtschaftlich übertragen bzw. in einer Hand vereinigt werden.

Mögliche Änderungen

Derzeit ist nicht klar, wie die Reformvorschläge aussehen werden. Es liegt jedoch auf der Hand, dass Ansatzpunkt für eine Neuregelung die gegenwärtige Anteilsschwelle von 95 Prozent bzw. die Fünf-Jahres- Frist sein können.

Bei einer Absenkung der relevanten Schwelle auf z. B. 75 Prozent könnte künftig somit bereits dann Grunderwerbsteuer anfallen, wenn

  • 75 Prozent oder mehr der Anteile an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft auf einen Erwerber oder auf eine Gruppe von Erwerbern (rechtlich oder wirtschaftlich) übertragen werden,
  • 75 Prozent oder mehr der Anteile am Vermögen einer grundbesitzenden Personengesellschaft (rechtlich oder wirtschaftlich) auf neue Gesellschafter übertragen werden.



Bei einer Verlängerung der relevanten Frist von fünf auf bspw. sieben Jahre würden im Hinblick auf die Übertragung von Anteilen an grundbesitzenden Personengesellschaften dann künftig alle Vorgänge zusammen betrachtet werden, die sich innerhalb des verlängerten Zeitraumes von sieben Jahren ereignen.

Mögliche Folgen für die Praxis

Werden die relevanten Parameter für Beteiligungshöhe und -dauer von Minderheitsgesellschaftern geändert, kann dies im Einzelfall entsprechende Gestaltungen unter grunderwerbsteuerlichen Gesichtspunkten zumindest weniger attraktiv machen.

Wer sich für einen Share Deal entscheidet (wenn die Wahlmöglichkeit überhaupt besteht), hat in den wenigsten Fällen nur die Grunderwerbsteuer im Blick; denn im Vergleich zum Asset Deal ist der Share Deal für den Käufer grundsätzlich mit höherem Prüfungsaufwand und mehr Risiken verbunden. Darüber hinaus sind zumindest bei Kapitalgesellschaften auch ertragsteuerliche Vorgaben im Hinblick auf die Beteiligungshöhe zu beachten, die unter bestimmten Gesichtspunkten eine Mindestbeteiligung von zehn Prozent auch für den Minderheitsgesellschafter ratsam erscheinen lassen.

Während die Verlängerung der Frist im Hinblick auf die vorhandene Systematik der Grunderwerbsteuer bezüglich Personengesellschaften grundsätzlich keinen Systembruch darstellen dürfte, ist derzeit unklar, wie eine Absenkung der maßgebenden Schwelle von 95 Prozent mit der bestehenden Systematik der Grunderwerbsteuer in Einklang gebracht werden kann.

Wäre künftig z. B. bereits bei Anteilsübertragungen von 75 Prozent oder mehr der Grunderwerbsteuer-Tatbestand verwirklicht, müsste geregelt werden, dass diese dann nur anteilig anfällt; denn es wäre unter dem Gesichtspunkt der Belastungsgleichheit nicht zu rechtfertigen, warum der „wirtschaftliche Erwerb” von nur 75 Prozent des Grundbesitzes die volle Steuer auslösen sollte.

Es wird auch vertreten, dass sich die Grunderwerbsteuer durch eine solche Regelung möglicherweise so weit von dem Bezug zum Grundbesitz lösen würde, dass sie ihren Charakter ändern und eine Kapitalverkehrsteuer werden könnte; die Einführung einer solchen Steuer wäre aufgrund europarechtlicher Vorgaben aber nicht ohne Weiteres möglich.

Mit konkreteren Reformansätzen ist möglicherweise noch im ersten Quartal 2017 zu rechnen; eine Verlängerung der vorstehend genannten Fristen ließe sich vermutlich auch „huckepack” kurzfristig in andere Gesetzesvorhaben einbauen. Eine Ausarbeitung und Verabschiedung der Reform unter Veränderung des gesetzlichen Konzeptes in Bezug auf die relevante Beteiligungsschwelle von 95 Prozent allerdings dürfte sich dagegen nicht so schnell umsetzen lassen, vor der Bundestagswahl ggf. ohnehin nicht mehr.

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, wenden Sie sich bitte an Herrn Dr. Malte Strüber.

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