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OLG Celle: Ausschluss wegen früherer Schlechtleistungen nur bei "nachweislich" berechtigter Kündigung!

Ein Ausschluss von Bietern oder Bewerbern ist nach § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB möglich, wenn das Unternehmen eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags oder Konzessionsvertrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat und dies zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadensersatz oder zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hat.

Das OLG Celle entschied zu dieser Neuregelung mit Beschluss vom 09.01.2017 - 13 Verg 9/16:

Obwohl nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht ausdrücklich verlangt, muss der Auftraggeber nach der Auffassung des OLG Celle nachweisen, dass die Rechtsfolge der mangelhaften Leistung, z. B. eine Kündigung, berechtigt war. Die Tatsachen, die eine Kündigung aus Sicht des Auftraggebers rechtfertigen, müssten nicht, vergleichbar einem zivilgerichtlichen Bauprozess, zur Überzeugung der Vergabekammer oder des Vergabesenats feststehen. Auch ist ein Ausschluss nicht erst dann möglich, wenn eine rechtskräftige zivilgerichtliche Entscheidung vorliegt. Erforderlich, aber auch ausreichend sei es, wenn der Auftraggeber Indiztatsachen vorbringt, die von einigem Gewicht sind und auf gesicherten Erkenntnissen aus seriösen Quellen basieren sowie die die Entscheidung des Auftraggebers zum Ausschluss des Bieters als nachvollziehbar erscheinen lassen.

Für die Praxis bedeutet die Auffassung des OLG Celle, dass im Rahmen des Ausschlussgrundes eine zumindest überschlägige zivilrechtliche Prüfung der vom Auftraggeber geltend gemachten Mängel und zivilrechtlichen Rechtsfolgen aufgrund von Indiztatsachen erfolgen muss. Das macht die Ausschlussregelung weder für Auftraggeber noch für Bieter handhabbar, da der "Nachvollziehbarkeit" der Ausschlussentscheidung und der zugrunde liegenden Tatsachen zwangsläufig ein subjektives Element innewohnt. Ob eine Nachprüfungsinstanz die Auftraggeberentscheidung aufgrund der hierzu indiziell vorgetragenen Tatsachen ebenfalls für nachvollziehbar hält, ist im Einzelfall völlig offen.

Auftraggeber bewegen sich daher so lange auf dünnen Eis, wie nicht mindestens ein Instanzgericht eine aufgrund von Mangeln ausgesprochene Kündigung des Auftraggebers als rechtmäßig anerkannt hat. Solange nicht jedenfalls eine solche instanzgerichtliche Entscheidung vorliegt, sind Ausschlussentscheidungen durch den betroffenen Bieter angreifbar, wenn dieser mindestens ebenso nachvollziehbare Indiztatsachen vorbringen kann, die eine Kündigung als nicht gerechtfertigt erscheinen lassen.

Im Unterschwellenbereich (§ 31 Abs. 2 Satz 5 UVgO) wird eine "nachweislich" berechtigte Vertragsbeendigung (oder eine andere vergleichbare Rechtsfolge) im Übrigen ausdrücklich nicht verlangt!

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, wenden Sie sich bitte an Herrn Dr. Marc Röbke.

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