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Minderheitsbeteiligung des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH

Eine Minderheitsbeteiligung des Kommanditisten von weniger als 10 Prozent an der Komplementär-GmbH ist regelmäßig kein Sonderbetriebsvermögen II.

BFH, Urteil vom 16.04.2015, IV R 1/12, DStR 2015, 1362

Mit seiner Entscheidung vom 16. April 2015 stellt der BFH klar, dass die Minderheitsbeteiligung des Kommanditisten von weniger als 10 Prozent an der Komplementär-GmbH regelmäßig kein Sonderbetriebsvermögen II des Kommanditisten darstellt.

Hintergrund

Die Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, die im Privatvermögen gehalten werden, unterliegt dem Anwendungsbereich des § 17 EStG und ist somit steuerbar, sofern es sich um eine im Sinne dieser Vorschrift wesentliche Beteiligung handelt. Die Wesentlichkeitsgrenze des § 17 EStG liegt inzwischen bei 1 Prozent (früher waren 25 Prozent auf 10 Prozent maßgebend).

Werden indes Anteile aus einem (Sonder-)Betriebsvermögen heraus veräußert, sind diese Veräußerungsvorgänge per se steuerbar.

Die Qualifikation etwaiger Anteile im Hinblick auf ihre Eigenschaft als Privat- oder Betriebsvermögen im ertragsteuerlichen Sinne ist mithin entscheidend für die jeweilige Besteuerung der Veräußerung.

Entscheidungssachverhalt

Der Kläger hatte 1996 einen Kommanditanteil an einer Kommanditgesellschaft (KG) in Höhe von 5 Prozent sowie 5 Prozent der Anteile an der Komplementär-GmbH (GmbH) erworben. Die GmbH war nicht am Vermögen der KG beteiligt. Ihre Tätigkeit beschränkte sich auf die Geschäftsführung der KG. Die Gewinnverteilung sah jedoch vor, dass der GmbH 99 Prozent und den Kommanditisten 1 Prozent des Gewinns der KG zustehen.

Im Jahr 2001 veräußerte der Kläger sowohl seinen Kommanditanteil als auch seinen Geschäftsanteil an der GmbH.

Im Rahmen der Feststellungserklärung wurde durch die KG lediglich der Veräußerungsgewinn aus der Veräußerung des Kommanditanteils erfasst. Der Gewinn aus der Veräußerung des Anteils an der GmbH wurde dagegen dem privaten (nicht gewerblichen) Vermögensbereich des Klägers zugeordnet.

Das Finanzamt ging indes davon aus, dass es sich bei dem Anteil an der GmbH um Sonderbetriebsvermögen II handele. Mithin sei der Veräußerungsgewinn im Rahmen der Feststellung zu erfassen.

Einspruch und Klage gegen diese Feststellung blieben erfolglos. Nach Ansicht des Finanzgerichts handelte es sich bei den Anteilen an der GmbH um notwendiges Sonderbetriebsvermögen II, da diese als funktional wesentliche Betriebsgrundlagen der KG zu qualifizieren seien. Ein beherrschender Einfluss auf die GmbH sei demgegenüber nicht erforderlich.

Entscheidung des BFH

Der BFH hob das finanzgerichtliche Urteil auf und verwies es zur erneuten Entscheidung an das FG zurück.

Er bestätigte seine bisherige Rechtsprechung, wonach (notwendiges) Sonderbetriebsvermögen II für solche Wirtschaftsgüter anzunehmen ist, welche dem Mitunternehmer zur Begründung oder Stärkung seiner Beteiligung an der Mitunternehmerschaft dienen; ein solches Wirtschaftsgut könne auch die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft sein.

Der BFH verneinte aber knapp, dass die Beteiligung an der GmbH im vorliegenden Falle der Begründung einer Mitunternehmerstellung des Klägers gedient habe; auch die Stärkung derselben sah er als nicht gegeben an:

Die Beteiligung des Klägers an der GmbH sei im vorliegenden Falle weder für die KG wirtschaftlich vorteilhaft noch stärke sie den Einfluss des Klägers in der KG. Sonderbetriebsvermögen II läge daher nicht vor.

Der wirtschaftliche Vorteil wird aus Sicht des BFH daran festgemacht, dass zwischen dem Unternehmen der Personengesellschaft und demjenigen der GmbH eine enge wirtschaftliche Verflechtung dergestalt bestehen muss, dass der oder die Mitunternehmer die GmbH beherrschen und letztere neben den geschäftlichen Beziehungen zur Personengesellschaft keinen anderen wesentlichen Geschäftsbetrieb betreibt. Hiervon sei im Urteilsfall nicht auszugehen.

Einen beherrschenden Einfluss auf die KG konnte der Kläger durch seine 5-prozentige Beteiligung an der GmbH nach der Überzeugung des BFH ebenfalls nicht ausüben. Denn in der GmbH galt der gesetzlich normierte Regelfall der Mehrheitsentscheidung. Durch seinen Anteil von 5 Prozent konnte der Kläger folglich faktisch weder Einfluss auf die Entscheidungen der GmbH noch mittelbar auf die Geschäftsführung der KG nehmen. Hiervon sei jedenfalls bei Beteiligungen von weniger als 10 Prozent an der GmbH regelmäßig auszugehen; im Streitfall könne offen bleiben, ob dies auch für Beteiligungen von weniger als 25 Prozent gelte. Das FG habe im Streitfall nicht geklärt, ob im vorliegenden Falle dem Kläger trotz seiner nur 5-prozentigen Beteiligung aufgrund besonderer gesellschaftsvertraglicher Regelungen eine Sperrminorität zustünde.

Der Umstand der disquotalen Gewinnverteilung innerhalb der KG führte nach der Überzeugung des BFH zu keinem abweichenden Ergebnis. Durch die erhöhte Gewinnverteilung zugunsten der GmbH würden weder die Mitunternehmerstellung des Klägers noch dessen wirtschaftliche Beteiligung auf Ebene der KG gestärkt. Die Beteiligung an der GmbH diene vielmehr dem Anlageinteresse des Klägers und stelle infolge dessen – nach Würdigung der Gesamtumstände – Privatvermögen dar.

Die derart gestaltete Gewinnverteilung stelle auch keinen Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO dar.

Da der Veräußerungsgewinn nach der Auffassung des BFH nicht zwingend (Sonder-)Betriebsvermögen darstellte und die Beteiligung nach § 17 EStG in der maßgebenden Fassung unter der ursprünglichen Wesentlichkeitsgrenze von 10 Prozent lag, konnte der Kläger den Anteil steuerfrei veräußern.

Fazit für die Praxis

Der BFH hat klargestellt, dass die überproportionale Gewinnbeteiligung der Komplementär-GmbH an sich keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt. Dadurch besteht für die Kommanditisten die Möglichkeit, diese Gewinne in der GmbH zu belassen oder von dort (in Anwendung der Abgeltungssteuer und unter vorheriger Besteuerung auf Ebene der GmbH) an sich zur Ausschüttung zu bringen

Durch die sukzessive Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze des § 17 EStG von 25 Prozent auf zunächst 10 Prozent und anschließend 1 Prozent bieten sich vereinzelt Fallgestaltungen, die von den Urteilsgrundsätzen profitieren können. Sofern Anteile an einer Komplementär GmbH bei einer Beteiligung von weniger als 10 Prozent – vergleichbar mit den Verhältnissen aus dem Urteilsfall – vor dem 1. Januar 2002 (bei vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahren vor dem 1. Januar 2001) erworben wurden, bieten sich verschiedene Szenarien.

Erfolgt die Veräußerung bis zum 31. Dezember 2001 (bei vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahren bis zum 31. Dezember 2000), liegt kein steuerbarer Veräußerungsvorgang im Privatvermögen vor.

Findet die Veräußerung nach dem 31. Dezember 2001 (bei vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahren nach dem 31. Dezember 2000) statt, sind jedenfalls die Wertzuwächse, die bis zur Herabsetzung der Wesentlichkeitsgrenze generiert wurden, nicht steuerbar.

Sämtliche Erwerbe nach der Normierung der Wesentlichkeitsgrenze auf 1 Prozent bergen insoweit keine steuerlichen Vorteile auf Ebene des Anteilseigners. Veräußerungen unterlägen generell der Steuerbarkeit des § 17 EStG.

Auf Ebene der Gewerbesteuer wären bei vergleichbaren Konstellationen keine steuerlichen Folgen auszumachen. Die Gewerbesteuerpflicht der KG unterstellt, unterlägen zumindest Veräußerungsgewinne bei Veräußerungen des gesamten Mitunternehmeranteils einer natürlichen Person nicht der Gewerbesteuer. Die Verlagerung des Veräußerungsgewinns hinsichtlich des Anteils an der GmbH in das Privatvermögen unterläge per se ebenfalls nicht der Gewerbesteuer.

Bei Fragen zu diesem Thema kontaktieren Sie bitte: Daniel Hermes

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