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Die novellierte Betriebssicherheitsverordnung 2015

Beginn einer neuen Zeitrechnung beim Thema Arbeitsschutz

Seit dem 1. Juni 2015 ist die novellierte Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) in Kraft. Damit hat für Arbeitgeber eine neue Zeitrechnung in Sachen Arbeitssicherheit begonnen. Da sich die Verordnung aber noch nicht überall herumgesprochen hat, soll an dieser Stelle ein kurzer Überblick zur Bedeutung gegeben werden.

Umfassender Anwendungsbereich

Die BetrSichV gilt für jedes Unternehmen, in dem Arbeitsmittel durch die Arbeitnehmer verwendet werden. Schon auf den ersten Blick wird deutlich, dass dadurch ein sehr weiter Anwendungsbereich eröffnet ist. Arbeitsmittel im Sinne der BetrSichV sind dabei Werkzeuge, Geräte, Maschinen oder Anlagen, die für die Arbeit verwendet werden. Der Begriff der Verwendung ist in diesem Zusammenhang sehr weit und umfasst – verkürzt gesagt – jede Tätigkeit mit dem Arbeitsmittel.

Schutzpflichten für Arbeitgeber

Immer wenn der Anwendungsbereich der Verordnung eröffnet ist, treffen den Arbeitgeber besondere Schutzpflichten. Zentraler Begriff ist dabei die Gefährdungsbeurteilung (§ 3 BetrSichV), die der Arbeitgeber durchzuführen hat. Der Begriff der Gefährdungsbeurteilung ist dabei aber nicht neu, sondern existiert seit langem in § 5 Arbeitsschutzgesetz. Durch die neue Verordnung ist die Gefährdungsbeurteilung allerdings konkretisiert und in den Mittelpunkt gerückt worden.

Verkürzt dargestellt hat die Gefährdungsbeurteilung den Zweck, die erforderlichen Schutzmaßnahmen bei der Verwendung von Arbeitsmitteln zu erkennen und umzusetzen. Ein Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, vor der Verwendung von Arbeitsmitteln die möglicherweise auftretenden Gefährdungen zu erkennen, zu beurteilen und die daraus erforderlichen Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Da es sich bei der Gefährdungsbeurteilung regelmäßig um einen sehr komplexen Vorgang handelt und die entsprechende Sachkunde beim Arbeitgeber häufig nicht vorhanden sein dürfte, ist die Gefährdungsbeurteilung von einer fachkundigen Person durchzuführen. Die Gefährdungsbeurteilung ist dabei kein einmaliger Vorgang, sondern ein fortlaufender, regelmäßig zu überprüfender Prozess. Die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung sind zu dokumentieren und in regelmäßigen Abständen zu aktualisieren. Auf Basis der Gefährdungsbeurteilung sind die Mitarbeiter bei der Verwendung der Arbeitsmittel entsprechend den gewonnenen Erkenntnissen zu unterrichten.

Sanktionen bei Nichtbeachtung

Werden die Pflichten aus der Verordnung nicht ordnungsgemäß eingehalten, so sieht die Verordnung nicht weniger als 42 Ord- nungswidrigkeitstatbestände vor. Wird eine unter den Anwendungsbereich der Verordnung fallende Anlage ohne die erforderliche Gefährdungsbeurteilung betrieben, so hat die zuständige Behörde als ultima ratio sogar die Möglichkeit, eine Untersagungsanordnung zu treffen. Der wirtschaftliche Schaden kann hier also immens sein, wenn die Produktion deswegen stillsteht.

Praxistipps

Insgesamt bringt die BetrSichV zahlreiche Änderungen mit sich, durch die erheblicher Handlungsbedarf entstehen kann. Wegen ihres sehr weiten Anwendungsbereichs sollte die Bedeutung der BetrSichV keinesfalls unterschätzt werden. Die neue Verordnung sollte vielmehr zum Anlass genommen werden, um die Einhaltung der arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften im Betrieb grundsätzlich zu überprüfen. Nicht zuletzt durch die nun neu geregelten 42 Ordnungswidrigkeitstatbestände erscheint dies dringend geboten. An dieser Stelle kann es also unter Umständen teuer werden, wenn man die „Vogelstrauß-Taktik“ anwendet und den Kopf in den Sand steckt.

Durch die neue Verordnung ist der Begriff der Gefährdungsbeurteilung wieder stark in das Blickfeld der Betriebsräte gerückt. Daher ist im Zusammenhang mit der Arbeitssicherheit und dem Arbeitsschutz in Zukunft mit einer erhöhten Aktivität seitens der Betriebsräte zu rechnen. Der Betriebsrat hat bei der Gefährdungsbeurteilung ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Ein proaktives Vorgehen seitens des Arbeitgebers kann hier sinnvoll sein.

Zudem hat der Betriebsrat auch bei der genauen Ausgestaltung der Unterweisung der Beschäftigten ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Auch in diesem Bereich scheint es sinnvoll, mit Regelungsvorschlägen auf den Betriebsrat zuzugehen.

Bei Fragen zum Thema kontaktieren Sie bitte: Martin Biebl

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