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Bundesnetzagentur startet Konsultation des Festlegungsentwurfs zum generellen sektoralen Produktivitätsfaktor Gas

Während der Verordnungsgeber den generellen sektoralen Produktivitätsfaktor – kurz Xgen genannt – für die zweite Regulierungsperiode noch in § 9 Abs. 2 Anreizregulierungsverordnung (ARegV) geregelt hatte, ist dessen Ermittlung ab der dritten Regulierungsperiode nach § 9 Abs. 3 ARegV Aufgabe der Bundesnetzagentur (BNetzA). Nach der Mitte Juli 2017 abgeschlossenen Datenerhebung hat die BNetzA am 12. Oktober 2017 die Konsultation des Festlegungsentwurfs für den Gassektor gestartet und den vorläufig ermittelten Xgen veröffentlicht.

Xgen soll 0,88 Prozent betragen

Mit dem Xgen wird der Zweck verfolgt, die allgemeine Verbraucherpreisentwicklung, die während der Regulierungsperiode vom Versorgungsnetzbetreiber seinen Entgelten berücksichtigt werden kann, um die sektorspezifische Kostenentwicklung zu korrigieren. Der konsultierte Festlegungsentwurf der BNetzA sieht für die dritte Regulierungsperiode einen Xgen von 0,88 Prozent als Korrekturfaktor vor. Der Wert ergibt sich aus dem arithmetischen Mittel der Ergebnisse aus der Törnquist-Methode (0,76 Prozent) und der Malmquist-Methode (1,00 Prozent).

Das Ergebnis wurde mit Spannung erwartet. Obwohl damit der bisherige Wert von 1,5 Prozent deutlich sinken würde, herrscht derzeit die Auffassung vor, dass ein Xgen größer Null vor dem Hintergrund der mit der Energiewende verbundenen Herausforderungen nicht sachgerecht sei. Dabei wird insbesondere auf die in den vergangenen zwei Regulierungsperioden bereits geforderten Effizienzanstrengungen und die – ebenfalls sehr umstrittene – festgelegte Absenkung der Eigenkapitalverzinsung auf 6,91 Prozent verwiesen. Im europäischen Ausland wird die Berücksichtigung eines Xgen zum Teil ausgesetzt. Parallel erstellte Gutachten von Beratungsgesellschaften halten einen Wert zwischen 0,4 bis 0,7 Prozent für angemessen. Finanziell sind die Auswirkungen des Xgen für Versorgungsnetzbetreiber erheblich. Der ermittelte Prozentwert stellt einen Jahreswert dar, der sich über die fünf Jahre der Regulierungsperiode kumuliert. Daher ist zu erwarten, dass im Rahmen der Konsultation zahlreiche betroffene Gasversorgungsnetzbetreiber die Gelegenheit ergreifen werden, nochmals eindringlich ihre Argumente für einen deutlich geringeren Xgen darzulegen. Die Frist zur Stellungnahme endet am 10. November 2017.

Einzelaspekte des konsultierten Entwurfs

Dabei ist festzustellen, dass sich die BNetzA mit den bislang vorgebrachten Einwänden der Branche gegen die methodischen Ansätze durchaus auseinander gesetzt und den Bedenken teilweise Rechnung getragen hat.

Allerdings erweckt die BNetzA im konsultierten Festlegungsentwurf erneut den Eindruck, sie habe die nun genutzten Methoden zur Ermittlung eines Xgen aus dem in ihrem Auftrag erstellten wissenschaftlichen Gutachten identifiziert. Das trifft so nicht zu, denn die durch das Gutachten vorgezeichnete Methodendiskussion war in erster Linie auf die nun genutzten Methoden nach Törnquist und Malmquist beschränkt. Die Gutachter selbst verweisen auf entsprechende Vorgaben der BNetzA. In der Festlegung Anfang April 2017 zur Datenerhebung bestätigt dies die BNetzA mittelbar.

Auch mit Blick auf die Eignung der Datengrundlage zur Ermittlung des Xgen stellen sich Fragen: Ist beispielsweise das Vorgehen der BNetzA bei der Preisbereinigung nach der Törnquist-Methode sachgerecht? Bei ihrem Vorgehen nach der Malmquist-Methode berücksichtigt die BNetzA zwar zuvor erhobene methodische Einwände. Dennoch bleiben auch hier Zweifel: Inwieweit werden Wertveränderungen, die auf der schlichten Umsetzung gerichtlicher Vorgaben, einer geänderten Regulierungspraxis oder veränderter Netzstrukturen beruhen, angemessen berücksichtigt? Zudem liegen gerade zur Ermittlung des Wertes nach der Malmquist-Methode nur Daten aus den Effizienzvergleichen von Netzbetreibern im regulären Verfahren vor. Die überwiegende Zahl der betroffenen Netzbetreiber nutzt jedoch das vereinfachte Verfahren, bei dem ohne einen entsprechenden Vergleich ein gemittelter Effizienzwert einheitlich zugrunde gelegt wird. Hinzu kommt, dass für die dritte Regulierungsperiode das Modell und die Parameter des individuellen Effizienzvergleichs noch gar nicht abschließend feststehen. Damit bleibt fraglich, inwieweit ein so ermittelter Wert geeignet ist, einen generellen sektoralen Produktivitätsfaktor der Gasversorgungsnetzbetreiber in ihrer Gesamtheit abzubilden. Verzerrungen bei der Annahme genereller Produktivitätssteigerungen für den Gassektor sind deshalb nicht ausgeschlossen. In der Kartellrechtspraxis wird vergleichbaren tatsächlichen Schwierigkeiten häufig durch die Berücksichtigung eines Sicherheitszu- bzw. -abschlags begegnet.

Fazit

Vor dem Hintergrund der bestehenden Herausforderungen für die Versorgungswirtschaft in den kommenden Jahren und der Absenkung der Eigenkapitalverzinsung für die dritte Regulierungsperiode gibt es gute Gründe, dass nun konsultierte Ergebnis eines Xgen von 0,88 Prozent für die Gasbranche zu hinterfragen. Auch für den Stromsektor ist die Festlegung im Gasbereich keineswegs bedeutungslos. Zwar wird die BNetzA für den Stromsektor im kommenden Jahr gesondert einen Xgen bestimmen, allerdings haben die jetzt genutzten methodischen Ansätze dafür bereits Modellcharakter.

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, wenden Sie sich bitte an Herrn Guido Brucker.

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