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Bundesnetzagentur konsultiert „Leitfaden zur Eigenversorgung“

Trotz der deutlichen Einengung ihrer Voraussetzungen im Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2014 („EEG 2014“) ist die Eigenversorgung für viele Stromverbraucher ein wichtiges Instrument. Dabei spielt sowohl bei Haushalts- und kleinen Gewerbekunden als auch bei Industriekunden die Verringerung der EEG-Umlage eine bedeutende Rolle bei ihrer Entscheidung für eine Eigenversorgung. Zudem besteht insbesondere bei Industriekunden daneben auch die Möglichkeit, ihre Versorgungssicherheit zu optimieren. In § 61 EEG 2014 hat der Gesetzgeber die Eigenversorgung, insbesondere im Vergleich zu § 37 Abs. 3 EEG 2012, detailliert geregelt. Trotzdem oder gerade deshalb enthält die Vorschrift einige Unklarheiten. Neben der Clearingstelle EEG hat sich nun auch die Bundesnetzagentur dieser Unklarheiten angenommen. Der „Leitfaden zur Eigenversorgung“ der Bundesnetzagentur („Leitfaden“), dessen Konsultation nun begonnen hat und noch bis 20. November 2015 dauern wird, stellt auf über 100 Seiten die gesamte Regelungsmaterie der §§ 5 Nr. 12 und 61 EEG 2014 beinahe lehrbuchartig dar. Von besonderem Interesse sind dabei die Ausführungen zu den Ausnahmetatbeständen in § 61 Abs. 3 und 4 EEG 2014 für Bestandsanlagen. Nachfolgend sollen die wesentlichen Ergebnisse des Leitfadens kurz vorgestellt werden.

1. Begriff der „Stromerzeugungsanlage“

Die „Stromerzeugungsanlage“ spielt sowohl in § 5 Nr. 12 als auch in § 61 EEG 2014 eine wichtige Rolle. Wie eine „Stromerzeugungsanlage“ zu definieren ist, insbesondere wenn es sich um keine EEG- oder KWK-Anlage handelt, war bislang jedoch unklar. Die Bundesnetzagentur ist der Auffassung, dass grundsätzlich jeder Generator eine Stromerzeugungsanlage ist. Verklammerungen oder Zusammenfassungen, wie sie das EEG 2014 außerhalb der Eigenversorgung regelt, soll es nicht geben. Diese kleinteilige Betrachtungsweise schränkt die Bundesnetzagentur allerdings wieder ein, wenn es um eine Erneuerung, Erweiterung oder Ersetzung von (alten) Bestandsanlagen geht. Dann soll es dem Betreiber freistehen, eine oder mehrere Bestandsanlagen durch eine (nach unten oder oben) abweichende Anzahl neuer Erzeugungsanlagen zu ersetzen.

2. „Unmittelbarer“ räumlicher Zusammenhang

Die Bundesnetzagentur sieht die in § 5 Nr. 12 EEG 2014 geforderte Unmittelbarkeit des räumlichen Zusammenhangs als Verschärfung gegenüber des („nur“) räumlichen Zusammenhangs in § 37 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EEG 2012 an. Ein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang soll bereits durch Gebäude etc. unterbrochen werden können.

3. Begriff der „Bestandsanlage“

Nach § 61 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EEG 2014 sind Bestandsanlagen (unter anderen) Stromerzeugungsanlagen, die der Letztverbraucher bereits vor dem 1. August 2014 als Eigenerzeuger betrieben hat. Die Bundesnetzagentur zieht hier als Grundlage das Eigenversorgungskonzept des Eigenerzeugers heran. Nur hierauf beziehe sich der durch § 61 Abs. 3 EEG 2014 gewährte Vertrauensschutz.

Dies hat Konsequenzen: Zunächst reicht es für eine Bestandsanlage nicht aus, wenn nur die Erzeugungsanlage selbst vor dem 1. August 2014 in Betrieb genommen wurde. Entscheidend ist, wann die Eigenversorgung „komplett“ bestand. Infolge der Bindung des Eigenversorgungskonzepts an den Eigenerzeuger, kommen ein Wechsel des Eigenerzeugers und ein Übergang des Vertrauensschutzes nach dem 1. August 2014 nicht in Betracht. Bei juristischen Personen legt die Bundesnetzagentur diesbezüglich ein formalistisches Verständnis an den Tag und sieht nur asset deals als schädlich an. Auf der anderen Seite müssen Bestandsanlagen nicht durchgängig zur Eigenerzeugung genutzt worden sein. Wurde das Eigenversorgungskonzept vor dem 1. August 2014 schon einmal „tatsächlich gelebt“, kann es jederzeit fortgeführt werden. Deshalb bleibt eine Bestandsanlage auch dann eine Bestandsanlage, wenn sich die Eigenstrommengen nach dem 1. August 2014, zum Beispiel durch die Zuordnung weiterer Verbrauchseinrichtungen, erhöhen. Die Bundesnetzagentur sieht dies als keine (wesentliche) Änderung des bisherigen Eigenversorgungskonzepts an.

Die nach § 61 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 EEG 2014 gegebene Möglichkeit, eine Bestandsanlage zu erneuern, zu erweitern oder zu ersetzen, ist nach Auffassung der Bundesnetzagentur eng auszulegen. Mehrfache Modernisierungen hält sie für unzulässig und dementsprechend auch, die installierte Leistung der Erzeugungsanlage schrittweise um 30 Prozent zu erhöhen. Eine Modernisierungsmaßnahme sei von einer Erhöhung der installierten Leistung unabhängig. Erfolgt eine Ersetzung der Bestandsanlage muss die ersetzte Erzeugungsanlage nicht stillgelegt werden, gilt dann allerdings nicht mehr als Bestandsanlage.

Im Hinblick auf den besonderen Privilegierungstatbestand für alte Bestandsanlagen, nach dem eine Erneuerung, Erweiterung oder Ersetzung ohne weitere Einschränkungen möglich ist, wenn die Bestandsanlage auf dem Betriebsgelände des Letztverbrauchers errichtet wurde, meint die Bundesnetzagentur, dass sich auch das Betriebsgelände zwingend im Eigentum des Letztverbrauchers befinden müsse.

4. Einbindung von Stromspeichern

Die Voraussetzung der Zeitgleichheit nach § 61 Abs. 7 EEG 2014 bei Einbindung eines Stromspeichers hält die Bundesnetzagentur für erfüllt, wenn jeweils die erstmalige Erzeugung zeitgleich mit der Einspeicherung sowie die Ausspeicherung zeitgleich mit dem Verbrauch erfolgt.

5. Fazit

Mit der Veröffentlichung am 16. Oktober 2015 begann der Konsultationsprozess, an dessen Ende noch einmal – auch eingehendere – Änderungen des Leitfadens stehen können. Das Tätigwerden der Bundesnetzagentur ist zwar grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings darf nicht verkannt werden, dass dem Leitfaden der Bundesnetzagentur, obwohl rechtlich unverbindlich, tatsächlich – sowohl positiv als auch negativ – eine nicht zu unterschätzende faktische Verbindlichkeit zukommen wird.

Bei Fragen zum Thema kontaktieren Sie bitte: Dr. Reinald Günther

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