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Bindung an Honorarschlussrechnung bei Mindestsatzunterschreitung

Bundesgerichtshof, Urteil vom 19. November 2015 – VII ZR 151/13

Sachverhalt

Ein Architekt vereinbarte mit dem Bauherrn für den Abriss und den Neubau eines Einfamilienhauses mit Doppelgarage ein Pauschalhonorar in Höhe von EUR 60.000. Etwa ein Jahr nach Stellung der Schlussrechnung und Bezahlung derselben durch den Bauherrn stellte der Architekt erneut eine Schlussrechnung in Höhe von weiteren zunächst knapp EUR 59.000. Er berief sich dabei auf das Mindestsatzhonorar nach Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI).

Im Prozess erhöhte sich die Klageforderung nach einer Neuberechnung auf etwas über EUR 62.000. Nachdem das Landgericht Frankfurt der Klage in Höhe von EUR 34.000 stattgegeben hatte, wies das Oberlandesgericht Frankfurt die Klage vollständig ab, da der Architekt nach Treu und Glauben nach Ablauf dieses Zeitraumes daran gehindert sei, von seiner ursprünglich gestellten Schlussrechnung abzuweichen.

Entscheidung

Die Revision des Architekten hatte Erfolg. Die Klage wurde zur neuen Verhandlung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Bei der HOAI handelt es sich um zwingendes Preisrecht. Den Parteien ist es demnach nicht gestattet, ein von den Vorschriften der HOAI abweichendes Honorar festzulegen, insbesondere nicht, ein Honorar zu vereinbaren, das die Mindestsätze nach der HOAI unterschreitet. Der BGH führt aus, dass ein Architekt durch Stellung der Schlussrechnung an sein Honorar gebunden sein könne. Voraussetzung hierfür sei jedoch, dass der Auftraggeber auf eine abschließende Berechnung des Honorars vertrauen durfte und er sich im berechtigten Vertrauen auf die Endgültigkeit der Schlussrechnung in schutzwürdiger Weise so eingerichtet habe, dass ihm eine Nachforderung nicht mehr zugemutet werden könne. Allein die Bezahlung der Schlussrechnung sei keine Maßnahme, mit der sich der Auftraggeber in schutzwürdiger Weise auf die Endgültigkeit der Schlussrechnung einrichte. Auch der Zeitraum zwischen der Erteilung und dem Ausgleich der Honorarrechnung des Architekten und der erstmaligen Geltendmachung eines weitergehenden Honorars auf Grundlage der Mindestsätze der HOAI mache die Zahlung zwischen Pauschalhonorar und den Mindestsätzen der Honorarordnung nicht unzumutbar. Der Auftraggeber müsse sich durch vorgenommene oder unterlassene Maßnahmen darauf eingerichtet haben, dass keine weiteren Forderungen erhoben werden. Eine Unzumutbarkeit sei erst gegeben, wenn die Nachforderung des Architekten unter Berücksichtigung des Einzelfalls eine besondere Härte für den Auftraggeber darstelle. Diese Voraussetzungen lagen nicht vor. Da der Architekt demnach nicht an seine Schlussrechnung gebunden war, konnte er die Mindestsätze der HOAI nachträglich fordern.

Praxistipp

Die Entscheidung bestätigt die strenge Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Verbindlichkeit der Mindestsätze nach der HOAI. Nur in besonderen Ausnahmefällen kann es einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen, wenn der Architekt ein höheres – nach der HOAI berechnetes Honorar – abrechnen will als ihm nach dem vertraglich vereinbarten Pauschalhonorar zusteht. Die Vereinbarung eines Pauschalhonorars ist daher mit erheblichen Risiken verbunden. Auftraggeber sollten sich bewusst sein, dass bei Vereinbarungen niedriger Pauschalhonorare eine Nachforderung des Architekten möglich ist und diese Nachforderung gegebenenfalls in ihre Kostenkalkulationen mit einbeziehen.

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, wenden Sie sich bitte an Herrn Thomas Herten.

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Aktuelles Mindestsatzhonorar Honorarordnung für Architekten und Ingenieure HOAI Zwingendes Preisrecht Pauschalhonorar

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