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Beschränkung von Eignungsnachweisen

OLG Düsseldorf-Beschluss vom 25. Juni 2014 – VII-Verg 39/13

Welche Eignungsnachweise darf der Auftraggeber bei EU-Vergaben vorsehen? Kann er als Eignungsnachweis z. B. den Einsatz CO2-armer Fahrzeuge im Betrieb oder eine Betriebs-Kita verlangen? Die Vergaberichtlinien sehen das nicht vor. Für das OLG Düsseldorf ließen sich solche Anforderungen daher bestenfalls (und nur bei konkretem Auftragsbezug) als „zusätzliche Bedingungen für die Auftragsausführung“ vorgeben, andernfalls riskiert der Auftrag­geber, dass er die Ausschreibung wiederholen muss.

Sachverhalt

Eine AOK schreibt einen Rabattvertrag (Rahmenvertrag) im offenen Verfahren aus. In der EU-Bekanntmachung verlangt sie unter III. 2.1) zur „Persönlichen Lage des Wirtschaftsteilnehmers“ die Abgabe von Verpflichtungserklärungen zur Einhaltung von ILO Kernarbeitsnormen sowie zur Förderung von Beruf und Familie im Unternehmen. Sie beruft sich insoweit auf das TVgG NRW.

Entscheidungsgründe

Für das OLG Düsseldorf hatte der Auftraggeber unzulässige Eignungsvorgaben gewählt. Es untersagte daher die Erteilung des Zuschlags. Die in EU-Vergaben zulässigen Nachweise zur per­sönlichen Lage eines Bieters seien in Art. 60 Abs. 1 und 2 AVR (= Art. 45 Abs. 3 VKR) abschließend aufgeführt. Weitergehende Nachweise dürften auch vom deutschen Gesetzgeber nicht verlangt werden. Soweit der Landesgesetzgeber derartige Verpflichtungserklärungen vorsieht (hier in den §§ 18, 19 TVgG NRW i. V. m. §§ 14, 16 RVO NRW), könnten sie daher vom Auftraggeber nur als besondere Bedingungen für die Auftragsausführung i. S. d. Art. 70 AVR (= Art. 26 VKR) gefordert werden.

Zusätzliche Bedingungen zur Auftragsausführung sind Vertragsbedingungen, zu deren Einhaltung sich der Bieter bereits verbindlich im Vergabeverfahren verpflichtet. Verweigere er dies, sei sein Angebot wegen fehlender Erklärungen bereits in der 1. Prüfungsstufe auszuschließen. Gibt er eine unrichtige Erklärung ab oder hält er eine abgegebene Erklärung später nicht ein, könne dies in zukünftigen Vergabeverfahren einen Ausschluss vom Vergabeverfahren wegen mangelnder Eignung nach sich ziehen.

Fazit und Praxishinweis

Der Auftraggeber muss sich bei EU-Vergaben genau überlegen, welche Eignungsnachweise er in der EU-Bekanntmachung an­fordert. Verlangt er Eignungsnachweise, die in den Vergaberichtlinien nicht zugelassen sind, riskiert er, dass er die Bekanntmachung korrigieren und im Ergebnis die Ausschreibung wiederholen muss. Das gilt insbesondere bei „beschaffungspolitischen“ Anforderungen zu bestimmten „fairen“ Produktionsverfahren (vgl. Erwägungsgrund (97) AVR), der Förderung von Behinderten, Migranten oder Langzeitarbeitslosen (vgl. Erwägungsgrund (99) AVR) oder der Verpflichtung auf die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen (v. a. Verbot der Kinderarbeit, Entgeltgleich­heit).

Sie sollten daher im Zweifel als „besondere Bedingung für die Auftragsausführung“ vorgesehen werden, setzen allerdings immer einen sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand des konkreten Auftrags voraus (Art. 70 Satz 1 i. V. m. Art. 67 Abs. 3 AVR). Vorgaben an die allgemeine Unternehmenspolitik sind von vornherein ausgeschlossen (Erwägungsgrund (97) AVR).

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf setzt eine bisherige Rechtsprechungslinie konsequent fort (zuvor etwa OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.01.2014 – Verg 28/13). Sie ist v. a. deshalb von Bedeutung, weil sie diese Rechtsprechung konsequent mit Blick auf die neue Richtlinie fortführt.

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