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BAG: Nach Betriebszugehörigkeit gestaffelte Kündigungsfristen nicht diskriminierend

Bundesarbeitsgericht vom 18. September 2014 – 6 AZR 639/13

Sachverhalt

Einer zum Zeitpunkt des Arbeitsantritts 25jährigen Mitarbeiterin wurde nach gut drei Jahren Betriebszugehörigkeit unter Einhaltung der gesetzlichen Frist gekündigt. Sie klagte dagegen und rügte u. a. die Verletzung der europäischen Antidiskriminierungsrichtlinie, weil aus ihrer Sicht die nach deutschem Recht vorgesehene Staffelung der Kündigungsfristen nach der Betriebszugehörigkeit eine verbotene Altersdiskriminierung darstelle. Nach ihrer Auffassung könnten jüngere Arbeitnehmer keine Betriebszugehörigkeitszeiten von mehr als 10 oder 15 Jahren aufweisen und würden deshalb mittelbar aufgrund ihres Alters dis­kriminiert. Daher sei für alle Arbeitnehmer unabhängig von Alter und Betriebszugehörigkeit die im Gesetz vorgesehene längst mögliche Kündigungsfrist von sieben Monaten einzuhalten.

Die Entscheidung

Das BAG entschied, dass die im deutschen Arbeitsrecht vorgesehene Staffelung der Kündigungsfristen nicht gegen europäisches Recht verstößt. Das Differenzierungsziel der nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelten Kündigungsfristen bestünde darin, den Schutz von länger beschäftigten und damit betriebstreuen Arbeitnehmern bei Kündigungen zu verbessern. Für die Erreichung dieses Ziels sei die von der Beschäftigungsdauer abhängige Staffelung der Kündigungsfristen ein zulässiges Mittel. Die im deutschen Recht für Mitarbeiter mit einer längeren Betriebszugehörigkeit vorgesehene Verlängerung der Kündigungsfrist bevorzuge damit zwar häufig auch ältere Arbeitnehmer, da typischerweise nur diese über lange Betriebszugehörigkeitszeiten verfügen. Dies sei aber in Anbetracht der längeren Betriebstreue und aufgrund von sozialen Erwägungen gerechtfertigt. So benötigten Mitarbeiter mit einer längeren Betriebszugehörigkeit und einem höheren Alter regelmäßig auch mehr Zeit, um eine neue Beschäftigung zu finden.

Praxistipp

Die Entscheidung hat zu einem in Kündigungsschutzverfahren häufig thematisierten Problem Stellung genommen und ausdrücklich festgestellt, dass die vom Gesetzgeber gewählte Staffelung der Kündigungsfristen mit europäischem Recht vereinbar ist. Damit können Arbeitgeber weiterhin auf die gelebte Praxis vertrauen, dass Mitarbeiter mit steigender Beschäftigungsdauer auch längere Kündigungsfristen genießen. Allerdings sollte diese Entwicklung weiter beobachtet werden. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich der EuGH noch einmal mit dieser Frage befassen wird.

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