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Ausstieg bei geschlossenen Immobilienfonds – Darlehensverzicht der Bank muss nicht zu Einkünften führen

BFH, Urteil vom 31. Januar 2017, IX R 26/16

Hintergrund

Der BFH hat sich in jüngster Zeit in mehreren Fällen mit Steuerfragen im Zusammenhang mit Anteilen an geschlossenen Immobilienfonds, insbesondere bei sog. Schrottimmobilien, auseinandergesetzt. Im aktuellen Fall hat der Kläger Recht bekommen und der Darlehensverzicht der Bank führte nicht zur steuerpflichtigen „Rückzahlung“ von zuvor als Werbungskosten abgezogenen Schuldzinsen.

Entscheidungssachverhalt

Die Kläger sind Eheleute, die sich 1992 an einem geschlossenen Immobilienfonds beteiligt haben. Die Anschaffungskosten finanzierten sie in voller Höhe durch ein Bankdarlehen. Aus der Beteiligung erzielten sie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Schuldzinsen an die Bank sowie die AfA wurden als Werbungskosten abgezogen.

Im Jahr 2010 widerriefen die Kläger den Darlehensvertrag wegen fehlerhafter Beratung (Prospekthaftung). Im Februar 2011 schlossen die Kläger mit der Rechtsnachfolgerin der Bank einen außergerichtlichen Vergleich, in dem sie die Darlehensverbindlichkeit anerkannten und zum Ausgleich der Zinsen eine einmalige Zahlung in Höhe von ca. EUR 15.000 leisteten. Zudem verpflichteten sich die Kläger die Fondsanteile an einen von der Bank benannten Dritterwerber zu übertragen. In der Folgezeit erfolgte die Übertragung an die Q-GmbH und der Kaufpreis wurde mit der erlassenen Restforderung verrechnet.

Das Finanzamt stellte die Einkünfte der Fonds-GbR für das Jahr 2011 einheitlich und gesondert fest. Der Darlehenserlass wurde anteilig als Rückzahlung von Schuldzinsen gesehen und die AfA reduziert. Beides wurde als steuerliche Einnahmen der Kläger im Jahr 2011 angesetzt. Dies erfolgte auf Grundlage einer Verfügung des Bayerischen Landesamts für Steuern vom 17. Juli 2008. Das FG Baden-Württemberg wies die Klage zurück und sah die Erstattung der Schuldzinsen ebenfalls als steuerpflichtige Sondereinnahmen an.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat entschieden, dass das Finanzamt und das FG unzutreffend davon ausgegangen seien, dass es sich bei dem Vergleich vom Februar 2011 um eine Rückabwicklung der Fonds-Investitionen bzw. der dahinterstehenden Immobilien gehandelt habe. Eine Veräußerung sei immer ein marktoffener Vorgang. Es liege nur dann keine Veräußerung vor, wenn das ursprüngliche Anschaffungsgeschäft rückabgewickelt werde. Die Rückabwicklung erfolge grundsätzlich im Falle einer Vertragsstörung. Im vorliegenden Fall hätten zwar die Voraussetzungen einer Rückabwicklung vorgelegen. Tatsächlich sei aber die erworbene Beteiligung an der GbR nicht rückabgewickelt,sondern an die Q-GmbH übertragen worden. Auch das im Vergleichswege beendete Darlehen sei nicht rückabgewickelt worden, sondern die Kläger hätten den Bestand des Darlehens bestätigt und eine Einmalzahlung in Höhe von ca. EUR 15.000 geleistet. Damit lag im Ergebnis eine Veräußerung der GbR-Beteiligung bzw. der dahinter liegenden Immobilien an die Q-GmbH vor. Da die Veräußerung außerhalb der Spekulationsfrist von zehn Jahren erfolgte, war der Veräußerungsgewinn nicht steuerbar.

Der Darlehensverzicht hat auch nicht zur Erstattung geleisteter Schuldzinsen und zu einem Rückfluss von Werbungskosten geführt. Der BFH bestätigte, dass die Erstattung von Kosten, die als Werbungskosten abgezogen wurden, im Jahr des Zuflusses steuerpflichtige Einnahmen seien. Dies gelte auch für Schadensersatzleistungen, die Werbungskosten ersetzten. Dieser Zufluss setze jedoch wechselseitige Ansprüche voraus, die verrechnet wurden. Im vorliegenden Fall hatten die Kläger jedoch die Wirksamkeit des Darlehens bestätigt und eine Einmalzahlung auf das Darlehen geleistet. Dies schließe einen Rückfluss von Werbungskosten aus. Dasselbe gelte für die AfA-Beträge, die ebenfalls nicht rückabgewickelt wurden.

Der BFH gab den Klägern Recht und erfasste die Einnahmen aus der einheitlichen und gesonderten Feststellung für das Jahr 2011 steuerlich nicht, was im Ergebnis zu einer Steuererstattung für die Kläger führte.

Fazit und Folgen für die Praxis

Der BFH hat sich in jüngster Vergangenheit in mehreren Entscheidungen zu sog. Schrottimmobilien mit den Steuerfolgen für die benachteiligten Investoren auseinandergesetzt. In der vorliegenden Entscheidung hat der BFH seine Rechtsprechung zur Abgrenzung der Rückabwicklung eines Vertrages von einer neuen Veräußerung bestätigt. Zudem hatte der BFH die Gelegenheit, zum Rückfluss von Werbungskosten in Form von Darlehenszinsen und AfA Stellung zu nehmen. Auch hier hat der BFH den Anlegern geholfen und eine steuerpflichtige Rückerstattung von Werbungskosten im Fall der Darlehensauflösung im Vergleichswege verneint. Die Entscheidung ist durchweg zu begrüßen und schafft für alle Fälle der Rückabwicklung von Immobilientransaktionen – auch im Rahmen von geschlossenen Immobilienfonds – Rechtssicherheit.

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, wenden Sie sich bitte an Herrn Dr. Michael Hils.

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