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Auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber müssen eine angemessene Ausbildungsvergütung zahlen

Bundesarbeitsgericht vom 29. April 2015 – 9 AZR 108/14

Sachverhalt: Ein Auszubildender schloss einen Berufsausbildungsvertrag mit einem gemeinnützigen Verein ab, der die Förderung der qualifizierten Berufsausbildung zum Zweck hat. Die Ausbildung selbst erfolgte in einem der Mitgliedsbetriebe des Vereins. Er erhielt während seiner Ausbildung als Maschinen- und Anlagenführer nur ca. 55 Prozent der Ausbildungsvergütung nach den Tarifverträgen für die Metall- und Elektroindustrie in Bayern. Der Auszubildende klagte auf Zahlung der gleichen Vergütung wie die Auszubildenden, die nach Tarif bezahlt werden.

Entscheidung: Die Klage hatte vor dem BAG wie auch in den Vorinstanzen Erfolg. Das BAG stellte fest, dass die Ausbildungsvergütung unangemessen ist und dass dies auch damit begründet werden kann, dass die Ausbildungsvergütung eine Entlohnung der geleisteten Arbeit darstellt. Besondere Umstände, die geeignet sein könnten, trotz des Unterschreitens der tariflichen Ausbildungssätze um fast 50 Prozent die Vermutung der Unangemessenheit der vom Verein gezahlten Ausbildungsvergütung zu widerlegen, sind nicht festgestellt worden. Der Verein hat auch solche Umstände nicht geltend gemacht.

Konsequenzen für die Praxis: Auch nicht tarifgebundene Unternehmen haben Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu gewähren. Wann dies der Fall ist, wird mit dieser Entscheidung konkretisiert: Maßgeblich für die Angemessenheit ist die Verkehrsanschauung. Wichtigster Anhaltspunkt dafür sind die einschlägigen Tarifverträge. Eine Ausbildungsvergütung ist in der Regel nicht mehr angemessen, wenn sie die in einem einschlägigen Tarifvertrag geregelte Vergütung um mehr als 20 Prozent unterschreitet. Offen bleibt in der Entscheidung, welche besonderen Umstände eine Unterschreitung dieser Grenze rechtfertigen können.

Praxistipp: Nicht tarifgebundene Arbeitgeber sollten sich bei der Vergütung ihrer Auszubildenden grundsätzlich an den einschlägigen Tarifverträgen orientieren. Sollte sie niedriger sein als die tarifliche Vergütung, hat der Arbeitgeber im Einzelfall zu prüfen, ob sie noch als angemessen anzusehen ist. Hierbei kann die Unterschreitung der einschlägigen tariflichen Vergütung um jedenfalls nicht mehr als 20 Prozent ein Anhaltspunkt sein. Im Zweifelsfall hat der Arbeitgeber eine Anpassung zur Vermeidung gerichtlicher Auseinandersetzungen vorzunehmen.

Bei Fragen zu diesem Thema, kontaktieren Sie bitte: Dr. Nina Springer

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