BLOG -


Advent, Advent…. das arbeitsrechtliche Weihnachten

Weihnachten steht vor der Tür. Weihnachten spielt sich jedoch nicht nur in der Kirche, bei den Familien zu Hause am Weihnachtsbaum, auf den Weihnachtsmärkten, in den Schaufenstern und Kaufhäusern sondern auch am „Arbeitsplatz“ und damit im Arbeitsrecht ab. Obwohl Weihnachten als das „Fest der Liebe" bezeichnet wird, macht sich die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung bei einigen Arbeitnehmern eher unbeliebt.

Liebe Leserin, lieber Leser, die Advents- und Weihnachtszeit 2017 möchte ich zum Anlass nehmen, einen kurzen Überblick über die „weihnachtliche Rechtsprechung“ und damit zu Fällen der Arbeitsgerichte im Zusammenhang mit Weihnachtsfeiern oder Weihnachtsgeschenken zu geben.

„Erschleichen“ eines Zuschusses zur Weihnachtsfeier

Streitigkeiten im Zusammenhang mit einer Weihnachtsfeier kann es geben, obwohl gar keine Weihnachtsfeiert stattfindet. Das LAG Hamm hatte sich im Urteil vom 14. Oktober 2010 (8 Sa 1182/109) mit einer Kündigung eines Filialleiters auseinanderzusetzen. Der langjährig beschäftigte Filialleiter beantragte beim Arbeitgeber einen betrieblichen Zuschuss zur Weihnachtsfeier. Er legte dem Arbeitgeber eine Hotelrechnung und eine von den Mitarbeitern unterzeichnete Teilnehmerliste vor und erhielt den begehrten Zuschuss. Der betriebliche Zuschuss war jedoch erschlichen, da die Weihnachtsfeier aus organisatorischen Gründen gar nicht stattgefunden hat, und auch in den darauffolgenden zwei Jahren nicht nachgeholt wurde. Nach Ansicht des LAG Hamm liegt zwar eine erhebliche arbeitsvertragliche Pflichtverletzung vor, die jedoch keine Kündigung rechtfertige, da der Filialleiter den Zuschuss zur Weihnachtsfeier nicht für sich behalten oder unterschlagen wollte.

Anspruch von Arbeitnehmern auf Weihnachtsgeschenk

Das LAG Köln hatte im Urteil vom 26. März 2014 (11 Sa 845/13) über die Klage eines Arbeitnehmers auf Gewährung des Weihnachtsgeschenk, juristisch auf Übereignung eines iPads mini zu entscheiden. Der Arbeitgeber hat nur den Arbeitnehmern ein iPad mini im Wert von jeweils ca. EUR 400,00 als Weihnachtsgeschenk gewährt, die an der betrieblichen Weihnachtsfeier teilnahmen. Der Arbeitgeber wollte erreichen, dass mehr seiner Mitarbeiter an der Weihnachtsfeier teilnehmen. Von den rund 100 Mitarbeitern haben 75 Mitarbeiter an der Weihnachtsfeier teilgenommen und entsprechend ein iPad mini erhalten. Der klagende Arbeitnehmer war zum Zeitpunkt der Weihnachtsfeier arbeitsunfähig krank und fühlte sich ungleich behandelt. Das LAG Köln sah keine Ungleichbehandlung. Der Arbeitgeber habe mit seiner Überraschung ein freiwilliges Engagement außerhalb der Arbeitszeit belohnen wollen. Dies sei keine Vergütung für geleistete Arbeit. Vielmehr sei der Arbeitgeber auch berechtigt, Mitarbeiter unterschiedlich zu behandeln, da er das Ziel verfolge, die Betriebsfeiern attraktiver zu gestalten und den Mitarbeiter zur Teilnahme zu motivieren.

Anspruch von Betriebsrentnern auf Weihnachtsgeschenk

Das Arbeitsgericht Köln hat sich im Urteil vom 24. November 2016 (11 Ca 3589/16) ebenfalls mit einem Weihnachtsgeschenk auseinanderzusetzen gehabt. Betriebsrentner und Arbeitgeber stritten über die Zahlung eines Weihnachtsgeldes in Höhe von EUR 105,00 und der Übergabe einer Marzipantorte. Aus wirtschaftlichen Gründen teilte der Arbeitgeber den Betriebsrentnern mit, dass sie ab dem Jahr 2015 weder ein Weihnachtsgeld noch eine Marzipantorte erhalten werden. Eine ausdrückliche schriftliche oder mündliche Vereinbarung über diese Weihnachtsgeschenke existierte nicht. Das Arbeitsgericht Köln hat das Vorliegen einer sogenannten „betrieblichen Übung“ abgelehnt, da der Betriebsrentner als darlegungs- und beweisbelastender Kläger nicht darlegen und nachweisen konnte, dass ein solcher, gewohnheitsrechtlicher Anspruch bestand.

Pflicht zur Teilnahme des Arbeitnehmers an der Weihnachtsfeier

Regelmäßig finden Weihnachtsfeiern außerhalb der Arbeitszeit statt. Damit besteht auch keine Teilnahmepflicht an der betrieblichen Weihnachtsfeier. Eine Pflicht kann weder vertraglich festgelegt werden, noch resultiert eine solche Teilnahmepflicht aus den arbeitsvertraglichen Nebenpflichten. Dies gilt selbst dann, wenn die Weihnachtsfeier ganz oder teilweise während der betriebsüblichen Arbeitszeit stattfindet. Der Arbeitgeber kann dem an der Weihnachtsfeier nicht teilnehmenden Arbeitnehmer zwar keine Arbeitspflichtverletzung vorwerfen. Der Arbeitnehmer, der an der Weihnachtsfeier nicht teilnimmt, ist jedoch verpflichtet, die geschuldete Arbeitsleistung - soweit die Weihnachtsfeier (teilweise) während der Arbeitszeit stattfindet - zu erbringen.

(Fehl-)Verhalten auf der Weihnachtsfeier

Bei der betrieblichen Weihnachtsfeier handelt es sich um eine betriebliche aber dennoch freiwillige Veranstaltung. Arbeitnehmer, die an der Weihnachtsfeier teilnehmen, sind jedoch an die vertraglichen Nebenpflichten gebunden. Wer sich nicht daran hält, riskiert sein Arbeitsverhältnis, wie zahlreiche Beispielsfälle in der Praxis belegen.

Eine grobe Beleidigung des Vorgesetzten durch Schimpfwörter („arme Sau“, „Arschloch“, „Wichser“) und beleidigende Gesten (ausgestreckter Mittelfinger) rechtfertigt eine verhaltensbedingte (ordentliche und ggf. außerordentliche) Kündigung. Dies gilt auch dann, wenn die Beleidigungen außerhalb der Arbeitszeit und außerhalb des Betriebs auf der Weihnachtsfeier vor Arbeitskollegen erfolgen, selbst wenn der Arbeitnehmer unter Alkoholeinfluss stand (LAG Hamm, Urteil vom 30.06.2004 - 18 Sa 836/04).

Auch Tätlichkeiten unter Arbeitnehmern auf der Weihnachtsfeier können eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Das Arbeitsgericht Osnabrück hatte am 19. August 2009 (4 BV 13/08) über die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitglied auf einer Weihnachtsfeier zu entscheiden. Das Betriebsratsmitglied griff um 23.00 Uhr auf der Weihnachtsfeier mit ca. 200 Arbeitnehmern zum Mikrofon und sang Lieder. Arbeitskollegen riefen, dass er aufhören solle, da es furchtbar klang. Das Betriebsratsmitglied ging von der Bühne und schlug einem seiner Kollegen ins Gesicht. Später behauptete das Mitglied des Betriebsrats, dass es völlig betrunken war. Das ArbG Osnabrück stimmte der außerordentlichen Kündigung des Betriebsratsmitglieds zu. Tätlichkeiten unter Arbeitnehmern können eine fristlose Kündigung rechtfertigen, auch ohne vorherige Abmahnung. Es konnte nicht aufgeklärt werden, ob das Betriebsratsmitglied volltrunken war, jedenfalls zeigt es keine Ausfallerscheinungen.

In Weihnachtsstimmung und unter Alkoholeinfluss kommt oftmals auch das Flirten nicht zu kurz. Wenn die Grenzen überschritten werden kann ein Fall der sexuellen Belästigung vorliegen und der belästigende Arbeitnehmer muss ebenfalls mit einer außerordentlichen Kündigung rechnen. Eine sexuelle Belästigung, das bedeutet ein unerwünschtes sexuell bestimmtes Verhalten liegt bei einer Weihnachtsfeier beispielsweise vor, wenn eine Arbeitnehmerin gefragt wird, ob sie für ein „außereheliches Abenteuer“ oder einen „flotten Dreier“ zu haben sei (OLG Frankfurt) oder bei einem Klaps auf den Po (LAG Köln vom 07.07.2005 – 7 Sa 508/04).

Weihnachtsfeier und Unfallversicherung

Auch wenn die Weihnachtsfeier keine Pflichtveranstaltung ist, ist sie dennoch eine betriebliche Veranstaltung und als solche besteht der übliche Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung. Umfasst sind alle Tätigkeiten, die während der Veranstaltung im Hinblick auf den Gemeinschaftszweck vereinbar sind (BSG vom 05.07.2016 – B 2 U 19/14 R). Unter den Schutzzweck fallen alle mit der Weihnachtsfeier im Zusammenhang stehende Tätigkeiten, z.B. Essen, Trinken, Tanzen, Vorbereitungen etc. Die Dauer der Weihnachtsfeier und damit auch der Umfang des Versicherungsschutzes bestimmt der Arbeitgeber. Beendet er das Fest offiziell, so endet auch der Versicherungsschutz (SG Frankfurt am Main vom 24.01.2006 - S 10 U 2623/03). Ziehen einzelne Arbeitnehmer nach dem offiziellen Teil der Weihnachtsfeier weiter, ist dies nicht mehr vom Versicherungsschutz umfasst. Vom Versicherungsschutz ist hingegen der Nach-Hause-Weg umfasst, auch nach Beendigung der Weihnachtsfeier unter den Voraussetzungen, dass der Arbeitnehmer direkt nach Hause geht und keine Umwege macht und dass der Wegeunfall nicht auf sonstigen Gründen im wesentlichen beruht (Drogen, absolute Fahruntüchtigkeit bei Verkehrsunfall mit dem KFZ).

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, wenden Sie sich bitte an Herrn Dr. Erik Schmid.

Hinweis: Dieser Blog-Beitrag ist bereits im arbeitsrechtlichen Blog von Dr. Erik Schmid im HJR-Verlag erschienen.

TAGS

Aktuelles

Kontakt

Dr. Erik Schmid T   +49 89 35065-1127 E   Erik.Schmid@advant-beiten.com