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EuGH bestätigt Pflicht zur Begrenzung von Rahmenvereinbarungen auch für das aktuelle Vergaberecht

Paukenschlag aus Luxemburg: Der Europäische Gerichtshof hat festgestellt, dass auch im Anwendungsbereich des aktuellen Vergaberechts bei der Ausschreibung von Rahmenvereinbarungen den Bietern zwingend eine Höchstgrenze genannt werden muss. Wird diese im Rahmen der Abrufe erreicht, verliert die Rahmenvereinbarung ihre Wirkung (Urteil vom 17. Juni 2021 – Rs. C-23/20).

Die Tragweite dieser Entscheidung ergibt sich erst auf den zweiten Blick. Denn bereits 2018 hatte der EuGH die Angabe entsprechender Höchstgrenzen bei der Ausschreibung von Rahmenvereinbarungen verlangt (Urteil vom 19. Dezember 2018 – Rs. C-216/17). Dies ging damals allerdings aus dem zugrunde liegenden Rechtsrahmen der EU-Richtlinie 2004/18 hervor. Der nunmehr gegenständliche Sachverhalt einer Rahmenvertragsvergabe nach dänischem Recht beruhte hingegen auf der EU-Richtlinie 2014/24, deren Wortlaut vorgibt, dass die in Aussicht genommene Menge nur "gegebenenfalls" durch den Auftraggeber festzulegen ist. Der Gerichtshof konstatiert, dass der Wortlaut tatsächlich nicht eindeutig sei und keinen eindeutigen Schluss darüber zulasse, ob die Festlegung zu treffen und bekannt zu machen sei oder nicht. Allerdings sieht unter Berücksichtigung des Transparenz- und des Gleichbehandlungsgrundsatzes die Pflicht des Auftraggebers vor, entsprechende Festlegungen zu treffen und in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen zu veröffentlichen.

Für das deutsche Vergaberecht ist diese Entscheidung besonders pikant. Denn zum einen enthält die deutsche Rechtslage in § 21 Abs. 1 Satz 2 VgV eine gegenüber dem Wortlaut des Art. 33 der Richtlinie 2014/234/EU noch offenere Formulierung ("Das in Aussicht genommene Auftragsvolumen ist so genau wie möglich zu ermitteln und bekannt zu geben, braucht aber nicht abschließend festgelegt werden"). Zum anderen hat die vergaberechtliche Rechtsprechung bislang angenommen, dass die Entscheidung des EuGH von 2018 nicht auf die geänderte Rechtslage des § 21 VgV anwendbar ist (so VK Bund, Beschluss vom 19. Juli 2019 - VK1-39/19).

Öffentliche Auftraggeber sollten daher laufende Ausschreibungen von Rahmenvereinbarungen darauf hin überprüfen, ob den Bietern Schätzwert oder -menge und Höchstwert oder -menge wirksam mitgeteilt worden ist und im Zweifel zur Vermeidung von Rügen und Nachprüfungsverfahren nachreichen, sofern dies möglich ist. Aber auch bereits abgeschlossene Rahmenvereinbarungen, denen entsprechende Angaben fehlen, können sich mit Blick auf die vom EuGH abgesprochenen Rechtsfolgen als problematisch darstellen.

Weitere Einzelheiten zu der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs enthält der nächste Newsletter Vergaberecht, der Anfang Juli erscheint.

Stephan Rechten
Sascha Opheys

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EuGH Vergaberecht Ausschreibung

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