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BREXIT – Wie deutschen Unternehmen bei der Rückkehr nach Deutschland geholfen werden soll

Der Brexit hat nicht nur viele Banken hart getroffen – auch eine nicht zu vernachlässigende Zahl kleinerer Unternehmen, die die Rechtsform der britischen Limited gewählt, ihren Verwaltungssitz aber in Deutschland haben, denken verstärkt darüber nach, nach Deutschland zurückzukehren. Denn mit dem Wirksamwerden des Brexit werden diese Gesellschaften aufgrund des damit einhergehenden Verlustes der Niederlassungsfreiheit in Deutschland nicht mehr anerkannt. Nun soll ein Gesetzesentwurf des Bundesjustizministeriums Abhilfe schaffen.

Ausgangslage

Schätzungsweise 8.000 bis 10.000 kleinere und mittlere Unternehmen – häufig Start-ups mit geringer Kapitalausstattung – haben bei ihrer Gründung die Rechtsform der „private company limited by shares“, kurz Limited (Ltd.) gewählt, ihren tatsächlichen Verwaltungssitz haben sie jedoch in Deutschland.

Mit dem Wirksamwerden des BREXIT – gleich ob hart oder weich – würden diese Unternehmen nicht mehr unter die innerhalb der EU geltende Niederlassungsfreiheit fallen und ihre Rechtsfähigkeit in Deutschland verlieren. Daher würden sie – abhängig davon, ob sie ein Handelsgewerbe betreiben oder nicht - nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als eine der in Deutschland zur Verfügung stehenden Auffangrechtsformen behandelt werden, nämlich entweder als offene Handelsgesellschaft (OHG) oder als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Falls es sich – wie häufig bei kleinen Unternehmen und Existenzgründern - in dem betreffenden Fall nur um einen einzigen Gesellschafter handelt, würde dieser mit Wirksamwerden des Brexit sogar nur als Einzelkaufmann oder gewöhnliche Einzelperson angesehen werden. Gleiches droht übrigens Gesellschaften in der Rechtsform der „public limited company“, kurz: PLC.

Unbegrenzte persönliche Haftung droht

Allen vorgenannten Fällen ist gemein, dass das Unternehmen bzw. die dahinterstehenden Gesellschafter einer persönlichen und unbeschränkten Haftung für die Gesellschaftsverbindlichkeiten mit ihrem Privatvermögen auch für Altschulden unterliegen würden. Und genau dieses Szenario wollten die Unternehmensgründer ja in den meisten Fällen durch die Gründung einer Kapitalgesellschaft eigentlich vermeiden. Was also tun?

Umzug grundsätzlich möglich

Um ein solches Unternehmen nach Deutschland „umzuziehen“, ist nach dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union in jedem Fall ein deutscher Rechtsträger erforderlich. Bisher stehen solchen Unternehmen für eine Rückkehr nach Deutschland faktisch nur die folgenden zwei Möglichkeiten zur Verfügung:

  1. Die Veräußerung sämtlicher Vermögenswerte und Vertragsverhältnisse der Limited an eine neu gegründete deutsche Gesellschaft (z. B. eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, GmbH) und die anschließende Liquidation der Limited. Dies ist allerdings kompliziert, da für die Übertragung der Vertragsverhältnisse (Kunden, Lieferanten, Entwickler, Arbeitnehmer etc.) in der Regel die Zustimmung des Vertragspartners erforderlich ist. Darüber hinaus können durch die Übertragung stille Reserven aufgedeckt werden, was zu nachteiligen steuerlichen Effekten führen kann.
  2. Die Umwandlung der Limited in eine deutsche GmbH in Form der sogenannten grenzüberschreitenden Umwandlung. Dabei wird erst eine deutsche GmbH im Wege der sogenannten Sachgründung durch Einbringung aller Anteile an der Limited gegründet. Anschließend wird die Limited nach den Regeln des deutschen Umwandlungsgesetzes auf die GmbH verschmolzen. Ein solches Verfahren ist jedoch äußerst formalistisch, arbeits- und kostenaufwändig – ein Aufwand, den insbesondere ein kleines Unternehmen nur schwer wird stemmen können.

Daneben werden in der rechtswissenschaftlichen Literatur noch weitere Modelle diskutiert, nach denen ein „Umzug“ der Limited nach Deutschland möglich sein soll. Diese Modelle kranken jedoch regelmäßig entweder an der Ungewissheit, ob diese Lösungen mangels entsprechender gesetzlicher Grundlage tatsächlich gangbar sind bzw. an dem erheblichen formalen und finanziellen Aufwand, der hierfür erforderlich wird.

Kostengünstige Lösung durch Umwandlung in Personengesellschaft?

Ein Gesetzesentwurf des Bundesjustizministeriums vom 3. September bzw. 10. Oktober 2018 nimmt nun eine kostengünstigere Lösung in den Blick: das Umwandlungsgesetz (UmwG) soll in den §§ 122a ff. um Vorschriften über die Hineinverschmelzung von Kapitalgesellschaften auf Personengesellschaften ergänzt werden. Bisher galt diese Möglichkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung nämlich nur für Kapitalgesellschaften, so dass zur Ermöglichung des „Umzuges“ stets zuerst eine deutsche Kapitalgesellschaft in Form der GmbH im Wege der Sachgründung gegründet werden musste. Die sogenannte „Mini-GmbH“, also eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), kurz: UG, kam aufgrund des für diese Gesellschaft geltenden Verbotes der Sachgründung nicht in Betracht.

Auch nach der vorgeschlagenen Ergänzung der §§ 122 ff. UmwG ist zwar nach wie vor die Gründung eines deutschen Rechtsträgers erforderlich. Doch nun soll den vom BREXIT betroffenen Unternehmen eine Umwandlung beispielsweise auch in eine Kommanditgesellschaft ermöglicht werden, an der sich – je nach Kapitalausstattung - entweder eine GmbH oder auch eine UG als persönlich haftender Gesellschafter beteiligen könnte. Es würde somit eine GmbH & Co.KG bzw. eine UG & Co. KG entstehen. Im letztgenannten Fall der UG kann das Stammkapital auch unter 25.000 EUR liegen, denn das gesetzlich vorgesehene Mindeststammkapital der UG beträgt 1 EUR. Somit wäre das für die Gründung des deutschen Rechtsträgers aufzubringende Kapital gering und für einen Haftungsschirm für die Gesellschafter wäre gleichzeitig auch gesorgt.

Die beabsichtigte Neuregelung schafft also neben den bestehenden Möglichkeiten eine zusätzliche Umwandlungsoption für die betroffenen Unternehmen. Ob diese jedoch tatsächlich mit weniger Aufwand und Kosten verbunden ist, ist allerdings zu bezweifeln. Denn es ist nach wie vor die Gründung einer deutschen aufnehmenden Gesellschaft erforderlich, so dass in diesem Zusammenhang Rechtsberatungs- und Notarkosten anfallen. Im Falle der GmbH & Co.KG bzw. UG & Co. KG müssten sogar zwei Gesellschaftsverträge erstellt und in einem Fall beurkundet werden und auch der Verwaltungsaufwand steigt durch das Erfordernis, zukünftig zwei Jahresabschlüsse zu erstellen. Schließlich muss auch das wie gehabt gesamte Verschmelzungsverfahren durchgeführt werden, was die Beteiligung der zuständigen britischen Behörden erforderlich macht und daher mit entsprechenden Beratungs- und Übersetzungskosten einhergeht.

Nichtsdestotrotz ist die Initiative in jedem Fall zu begrüßen, da jede zusätzliche Handlungsalternative den betroffenen Unternehmen auf der Grundlage der individuellen Sachlage mehr Flexibilität gibt, zu entscheiden, welches im Einzelfall der richtige Weg ist, das Unternehmen nach Deutschland zu bringen und überschießende persönliche Haftungsrisiken zu vermeiden sowie in diesem Zusammenhang auch die entsprechende Kosten-Nutzen-Abwägung zu treffen.

Bei Fragen wenden Sie sich gerne an Dr. Gesine von der Groeben.

Dieser Beitrag in veränderter Form erschien erstmals in: DER PLATOW Brief, PLATOW Recht, Ausgabe vom 17. Oktober 2018.

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