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100 Tage Transparenzregister – Wenig Licht, viel Schatten

Seit 100 Tage ist das im Jahr 2017 eingeführte Transparenzregister für jedermann mit „berechtigtem“ Interesse einsehbar. Es zeichnet sich ab, was Realisten vorhergesehen haben, der Gesetzgeber freilich stets von sich gewiesen hat:

Das „berechtigte Interesse“ zur Einsichtnahme stellt keine Hürde zur Einsichtnahme in persönliche Daten von Eigentümern und wirtschaftlich Berechtigten dar. Das Transparenzregister ist mithin für beliebige Dritte selbst zu transparent.

87 Prozent der Anträge auf Einsichtnahme wird stattgegeben

In 100 Tagen Praxis wurden nach Auskunft des zuständigen Bundesverwaltungsamts gegenüber dem „Handelsblatt“ 1451 Anträge auf Einsichtnahme in das Transparenzregister gestellt. Die Zahl der Anträge zeigt, dass das Transparenzregister von einer breiten Öffentlichkeit angenommen wird. So viel zum Licht. Der Schatten überwiegt jedoch: Von 1451 Anträgen wurde 1264 Anträgen stattgegeben. Dies entspricht einer Quote von 87 Prozent. Diese Quote veranschaulicht, dass das „berechtigte Interesse“ keine effektive Einschränkung der Einsichtnahme darstellt. Im Gegenteil, der Ausforschung der Privatsphäre von Eigentümern und wirtschaftlich Berechtigten durch Dritte ist Tür und Tor geöffnet. Die eigentlich rechtlich gebotene Einhaltung von Datenschutzgrundsätzen wie den Prinzipien der Erforderlichkeit, der Datensparsamkeit und des Verbots der Zusammenführung zum Zwecke von Persönlichkeitsbildern durch die zuständige Stelle erscheint zweifelhaft.

Transparenzregister ist missbrauchsanfällig

Der Gesetzgeber führte das Transparenzregister im vergangenen Jahr ein, um eine EU-Richtlinie umzusetzen. Ziel der Richtlinie war es, die Finanzierung von Terrorismus und Geldwäsche zu verhindern. Sämtliche juristische Personen, Stiftungen und sogar gemeinnützige Vereine sind nun verpflichtet, ihre wirtschaftlich Berechtigten (in der Regel die Eigentümer) bzw. ihre Organe an das Transparenzregister zu melden. Im Transparenzregister selbst werden Vor- und Nachname, Geburtsdatum sowie der Wohnort der zu meldenden natürlichen Personen veröffentlicht. Zum Schutz der Daten der gemeldeten natürlichen Personen sieht der Gesetzgeber vor, dass die Einsicht nur bei Vorliegen eines „berechtigten Interesses“ möglich sein soll. In der Praxis kann jedermann den Antrag beim Bundesverwaltungsamt stellen, die Eigentümer bzw. wirtschaftlich berechtigten Personen eines jeden Unternehmens, eines Vereins oder einer Stiftung zu erfahren. In der Theorie prüft das Bundesverwaltungsamt jeden Antrag auf seine Berechtigung. Mit Blick darauf, dass das Bundesverwaltungsamt 87 Prozent der Anträge positiv bescheidet, kann man die Sorgfalt der Einzelfallprüfung anzweifeln.

Kritiker prognostizierten bereits im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens, dass mit dem neuen Transparenzregister sensible persönliche Daten von Gesellschaftern, ihren Familien und andern mitteilungspflichtigen Personen an eine weltweite Öffentlichkeit gelangen und hieraus verschiedenste Interessen dieser Personen verletzt werden. Im Einzelnen geht es um den Schutz von Persönlichkeitsrechten, den Schutz von Geschäftsgeheimnissen sowie die persönliche Sicherheit der zu nennenden Personen. Der Schutz dieser Interessen genießt beim für das Transparenzregister zuständigen Bundesverwaltungsamt jedoch offenbar nicht höchste Priorität.

Gesetzgeber nimmersatt

Damit nicht genug, der nimmersatt erscheinende Gesetzgeber plant schon die nächsten Verschärfungen: Kaum ist das Transparenzregister in Kraft getreten, liegt schon das Verfahren für die Nachfolgerichtlinie in den letzten Zügen. Bereits Mitte 2018 könnte die fünfte EU-Geldwäscherichtlinie in Kraft treten, wenn Parlament und Rat die Vorschläge beschließen. Dann soll die aktuell noch bestehende – theoretische – Schranke zur Einsicht-nahme komplett fallen, das Transparenzregister soll künftig allgemein zugänglich werden. Der Zusammenhang zum Terrorismus und organisierter Kriminalität freilich bleibt fraglich. Zukünftig soll eine „Integritätskontrolle“ über wirtschaftliche Aktivitäten von einzelnen Personen durch die „Zivilgesellschaft“ erlaubt werden. Dem unbefangenen Betrachter dieser Gesetzgebungsspirale stellt sich unweigerlich die Frage, ob dieses Regelungsregime dem eigentlichen Zweck des Transparenzregisters, nämlich der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, dienlich ist oder nicht vielmehr die Schnüffelei in fremder Privatsphäre gefördert wird.

Wenn Sie Fragen zu diesem Beitrag haben, wenden Sie sich bitte an Dr. Maximilian Degenhart.

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